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Realisierung eines Gewinns
Während bis jetzt nur Strategien ohne Timingproblematik untersucht wurden, wende ich mich nun der Beschreibung einer Strategie zu, bei denen es genau um Timing geht. Bei der ersten Strategie dieser Art wurde zu einem Zeitpunkt ein Betrag angelegt und seitdem hat sich der Wert der Anlage sehr gut entwickelt. Weil der Kapitalbetrag der Anlage jedoch zu einem gewissen Zeitpunkt benötigt wird, stellt sich die Frage nach einen geeigneten Zeitpunkt für den Verkauf, ansonsten könnte der Gewinn laufen gelassen werden. Anschließend wird das Kapital sicher angelegt und damit steht die jährliche Gesamtrendite im Voraus fest.
Hast Du beispielsweise 10.000 € in Aktien angelegt und der Wert dieser Position ist nach 6 Jahren bereits auf 15.000 € gestiegen, so entspricht dies einer jährlichen Rendite von 6,991%. Wenn am Markt zurzeit ein Zins von 1,5% für eine Anlage über 4 Jahren erzielt werden können, so stehen am Ende 15.920 € zur Verfügung. Die Gesamtrendite über 10 Jahre lag dann bei 4,760%. Dies ist für eine 10-jährige Anlagedauer ein gutes Ergebnis und keiner weiß, ob die Aktien in 4 Jahren noch 15.000, nur 10.000 € oder sogar 20.000 € wert sein werden. Rechnet man mit einem Wert von 16.000 €, so ist die sichere Anlage auf jeden Fall die bessere Alternative, ansonsten kommt es auf Deine Risikoneigung und den Betrag an, den Du in 4 Jahren brauchst. Auf die steuerliche Betrachtung wird an dieser Stelle bewusst verzichtet, weil dies die Thematik nur unnötigerweise verkomplizieren würde.
Stop-Kurse
„An der Realisierung eines Gewinns ist noch niemand verarmt“ ist ein ebenso gebräuchliches Bonmot wie „Hin und her macht Taschen leer“. Während bei letzterem jedoch klar die Reduzierung der Kosten, in diesem Fall konkret der Transaktionsgebühren, als wahrer Kern dahinter steckt, ist es bei ersterem eher schwierig. Denn einen Gewinn mitzunehmen bedeutet nur, wieder Geld zur Verfügung zu haben, welches ausgegeben oder angelegt werden muss. Und letztlich gibt es auch noch „the trend is your friend“, was dafür sprechen würde, weiter investiert zu bleiben.
Eine andere Betrachtungsmöglichkeit ist es, ebenso die Aktien miteinzubeziehen, bei denen Du Buchverluste gemacht hast, bei denen Du demnach einen Verlust beim Verkauf mitnehmen würdest. Da fällt die Entscheidung natürlich schwerer, dennoch ist es dieselbe Wahl. In beiden Fällen ist die Frage, wie sich die Aktie oder der Fonds weiterentwickelt. Und die Auswirkung für die eine oder andere Entscheidung kann sehr leicht evaluiert werden.
Nehmen wir den Fall, bei jeder Investition im Voraus über einen Stop-Kurs festzulegen, die Position wieder zu verkaufen, sobald der Kurs 10% gestiegen oder gefallen ist. Alle Aktien in Deinem Depot liegen dann irgendwo in dieser Bandbreite, weil Du die anderen verkauft hast. Steigen mehr Aktien als fallen, machst Du Gewinne, andernfalls Verluste. Je nachdem, wie gut Du auswählst, sieht also nachher Dein Ergebnis aus.
Spannend wird es jedoch, nur Gewinne oder Verluste zu begrenzen und die anderen laufen zu lassen. Begrenzt Du die Gewinne, nimmst sie also mit, werden die Verluste teilweise höher als 10% werden und Dein Ergebnis verschiebt sich ins Negative. Es wird auch Positionen geben, die sich erholen und wieder in den neutralen Bereich kommen, aber es wird auch Positionen in Deinem Depot geben, die weit im Minus liegen. Mir wäre umgekehrt lieber, ich begrenze die Verluste und lasse die Gewinne laufen, weil ich mich dann eben bei der Auswahl geirrt habe und mich dies etwas Geld gekostet hat. Dafür habe ich aber in meinem Depot auch ein paar Positionen, mit denen ich richtig gut im Plus liege, weil es gute Unternehmen sind.
Ob nun 10% die richtige Schwelle ist oder jede andere bleibt Dir überlassen, ebenso ob Du insgesamt auf Stop-Kurse verzichten kannst. Steigt nämlich der ganze Markt um 10%, nimmst Du alle Gewinne mit und bist in einem steigenden Markt nicht mehr investiert. Oder Du hast Glück und es war im Nachhinein eine gute Gelegenheit, alles zu verkaufen. Besser wäre es schon, in einem insgesamt fallenden Markt alles zu verkaufen, jedoch sind die Verkaufskurse eben entsprechend tiefer und es könnte mit gleicher Wahrscheinlichkeit eine gute Gelegenheit sein, in den Markt einzusteigen. Aus diesem Grund halte ich es eher für Spekulation und nicht Investition und verzichte auf Stop-Kurse. Und wenn ich viele Aktien habe, dann gleichen sich deren Bewegungen aus, es sei denn, der ganze Markt bewegt sich und das spricht doch sehr für Indexfonds.
Die Wahrscheinlichkeit kann allen helfen
Letztlich ist die Einzelauswahl von Aktien schwierig und die Wahrscheinlichkeit, Gewinner zu wählen sogar niedriger als die Verlierer zu wählen, zumindest wenn der Durchschnitt des Marktes als Maßstab und Unterscheidung zwischen den beiden verwendet wird. Warum solltest Du Dir also Gedanken machen, wenn Du einfach den Markt mittels eines Indexfonds kaufen kannst und das sogar noch zu deutlich niedrigeren Kosten?
Es gibt jedoch eine Tatsache, die deutlich gegen Indexfonds spricht, und das ist die Zusammenstellung des Index. Um in einen Index aufgenommen zu werden muss sich eine Aktie nämlich entsprechend gut entwickelt haben, während zum gleichen Zeitpunkt aufgrund der Beschränkung der Anzahl der Aktien in einem Index, eine andere den Index verlassen muss, welche sich schlecht entwickelt hat. Der Indexfonds verkauft somit Aktien, deren Kurse tief sind und kauf welche, deren Kurse hoch sind. Klingt nicht nach optimalem Timing, aber dem Index geht es auch nur darum, eine Marktentwicklung abzubilden und dafür nimmt dieser eben Schwachstellen in Kauf.
Ich persönlich nehme diesen Nachteil in Kauf, weil ich mich nicht im Detail mit der Einzelauswahl von Aktien oder Fonds beschäftigen möchte und ich nicht glaube, damit bessere Ergebnisse zu erzielen, oder anders, weil mir die durchschnittliche Entwicklung von Aktien ausreicht und ich mich leichter gegen Kursrückgänge hedgen kann. Wenn ich mich schon an dieser Stelle auf die Wahrscheinlichkeit verlasse, es gibt noch weitere Wahrscheinlichkeiten, die deutlich zu meinen Gunsten laufen.
Nehmen wir den Zeitraum, über den ich bereit bin, zu investieren. In der Vergangenheit gab es verschiedene Zeiträume, 10 Jahre lang in Akten anzulegen. Von 1959 bis 2012 beispielweise 43 verschieden, welche jeweils ein anderes Ergebnis für den Investor gebracht hätten. Im besten Fall wären aus einer Investition von 10.000 € gut 46.000 € geworden, entsprechend einer jährlichen Rendite von 16,490%, im ungünstigsten Fall jedoch nur gut 8.000 €, entsprechend einer negativen Rendite -2,142% pro Jahr. Im Durchschnitt jedoch wäre das Endergebnis ein Kapital von knapp 18.000 € mit einer Rendite von 6,018% gewesen. Mit dem Schnitt könntest Du vermutlich ganz gut leben, mit der Schwankung von +10% besser bis -8% schlechter eher weniger.
Also verlängern wir den Betrachtungszeitraum auf 20 Jahre. Interessant ist, die durchschnittliche Rendite steigt sogar auf 6,927%. Die ungünstigste Rendite steigt auch, ist jedoch mit -0,523% immer noch negativ, die beste fällt jedoch auf immer noch sehr gute 14,097%. Die gesamt Spannweite reduziert sich also von gut 18,5% auf gut 14,5%. Bei 30 Jahren ergeben sich ähnliche Effekte, die durchschnittliche Rendite steigt auf 7,117%. Im ungünstigsten Fall steigt die Rendite weiter und ist mit 3,260% sogar positiv, die des günstigsten Falles sinkt erneut, auf dann nur noch 9,370%. Die Spanne der Rendite, der dann noch verfügbaren 23 Zeiträume, beträgt damit nur noch gut 6%. Im DAX, und es ergibt sich ein ähnliches Bild für die anderen großen Indizes, hättest Du in einem Anlagezeitraum von 30 Jahren also noch nie Geld verloren, bei den vorliegenden Daten reichen dafür sogar gut 22 Jahre.
Und das ist deshalb auch meine favorisierte Anlagestrategie. Ich kaufe monatlich mit einem normalen Sparplan Indexfonds auf deutsche, europäische und amerikanische Aktien (DAX, EUROSTOXX 50 und S&P 500) und halte diese einfach lange. Denn selbst wenn ich in Rente gehe, werde ich hoffentlich so lange leben, dass ich die letzten gekauften Anteile noch ungefähr 25 Jahre habe, so dass ich vermutlich kein Geld verlieren werde. Ich muss mir keine Gedanken über meine Altersvorsorge machen und die Kosten sind mit 0,09% pro Jahr und gut 0,25% beim Verkauf überschaubar. Wenn ich wie in der Vergangenheit im Durchschnitt ungefähr 7% erziele werden aus je 100 € investiertem Geld gut 1.465 € Anlage, mehr kann ich dann nicht tun. Meine Ergebnisse in den letzten 20 Jahren liegen aktuell sogar etwas über dieser Rendite.
Dennoch kann mit langfristigem Timing die Rendite wesentlich gesteigert werden, was erfolgreiche Investoren auch durchaus nutzen sollten. Zumindest ist ein kategorischer Verzicht aus Sicht der Opportunitätskosten sehr teuer, wenn die Rendite nur um wenige %-Punkte gesteigert werden könnte.
Weiterführende Beiträge gibt es viele, hier für den ersten Teil des Beitrages:
Entsparen aus Aktien ist bei weitem schwerer als Sparen!
Veränderung der Vermögensaufteilung bei unterschiedlicher Wertentwicklung von Anlageklassen
Aufbau einer Vermögensaufteilung nach Kostengesichtspunkten
Erfolgreich investieren für Privatanleger von David F. Swensen (lange Version)
Vermögensentwicklung und Balancierung
Was ist der Unterschied zwischen Vermögenserhalt und Vermögensbildung?
Strategien aus dem zweiten Teil kannst Du mit folgenden Beiträgen vertiefen:
Geldanlage mittels Einmalanlage vs. einem Sparplan
Reine vs. modifizierte Sparpläne im Vergleich
Kursverläufe und Ergebnisse bei Sparplänen
Wenn Durchschnittskosten beim Sparen helfen
Eine Garantie ist nie umsonst!
Auch für den dritten Teil bieten sich Vertiefungen an:
Jährliche Aktienrenditen im besten und schlechtesten Fall in Jahren
Tägliche Aktienrenditen im besten und schlechtesten Fall nach Tagen
Investitionen in den Aktienmarkt mit und ohne Timing
Timing ist schwer, die Börse handelt die Zukunft
Wie ein Index geschlagen werden kann
Rendite-Dreieck für den DAX in 5-Jahres-Blöcken
Rendite-Dreieck für den S&P 500 in 5-Jahres-Blöcken
Die Opportunitätskosten werden unterschätzt!