Der häufigste Ratschlag im Zusammenhang mit Geldanlage ist, nur das zu kaufen, was Du auch verstehst. Dies ist ein sehr guter Rat, weil es zum einen vor bösen Überraschungen schützt und zum anderen hilft, die eigenen Erwartungen realistisch zu halten. Möchtest Du nun Geld anlegen, so wird dies nur in Aktien erfolgen können, wenn Du nicht gänzlich auf die Rendite verzichten willst. Wie bei fast allem im Leben hast Du die Wahl, alles selbst zu machen oder Expertise einzukaufen, beispielsweise in Form existierender Finanzprodukte.
Diese kosten in den meisten Fällen Geld, welches Dir auf verschiedene Arten berechnet wird. Entweder zahlst Du für die Beratung oder in den Produkten sind Gebühren enthalten, aus denen die Beratung finanziert wird. Diese Kosten reduzieren mehr oder weniger Deine Rendite, dafür beschäftigen sich die Berater oder Produktgeber täglich mit der Materie sowie aktuellen Entwicklungen und können so wiederum eventuell mehr Rendite herausholen als Du selbst. Dennoch lohnt es sich, die Auswirkungen der verschiedenen Gebührenarten zu kennen und einschätzen zu können.
Es ist daher nicht falsch, sich mit der Materie vertraut zu machen und selbst wenigstens einen Teil des eigenen Geldes anzulegen. Du lernst Dich selbst besser kennen und kannst besser einschätzen, wie viel Verlust in einer Position für Dich tragbar ist. Und natürlich wie schön es ist, viel Geld mit einer Position zu verdienen, ohne dafür arbeiten zu müssen.
Vor allem aber wirst Du lernen, dass der Schlüssel zur Geldanlage Disziplin ist. Es soll gar nicht auf alles eingegangen werden, was notwendig oder sinnvoll ist. Vielmehr werden mögliche Anlagestrategien geschildert, die in vielen Finanzprodukten eingesetzt werden. Wenn Du diese wiedererkennst oder den Sinn der Strategie durch ein Produkt abgebildet haben möchtest, weißt Du dann einerseits besser, nach was Du suchen musst und andererseits, welche Grenzen im Produkt existieren. Folgende Strategien werden hier behandelt:
- Individuelle Risikosituation
- Automatischer Ausgleich zur Stabilisierung der Erträge
- Investition über normale oder modifizierte Sparpläne
- Reduzierung von Verlust
- Realisierung eines Gewinns
- Risikofreie Anlage mit Chance
- Sicherung eines Endvermögens
- Stop-Kurse
- Die Wahrscheinlichkeit kann allen helfen
Individuelle Risikosituation
Die Grundlage jeder Anlagestrategie ist sicherlich die finanzielle Situation des Anlegers. Hier macht es einen großen Unterschied, ob ein Vermögen von 100 Mio. € oder mehr vorhanden ist oder lediglich die überschaubaren Ersparnisse eines Berufsanfängers. Weshalb ich auch nicht verstehen kann, warum Letztere eine Vermögensverwaltung wie Erstere wünschen sollten. Zumal gleiche Kosten bedeuten würden, dass bei anzustrebenden Kosten von 0,5% oder geringer bei einem Vermögen von 100 Mio. € die Summe von 500.000 € an Verwaltungskosten vorhanden wäre, während bei 100.000 € nur ein Betrag von 500 € zur Verfügung stünde.
Auf der Grundlage des Gesamtvermögens kann anschließend das Einkommen außerhalb der Kapitalerträge herangezogen werden. Einerseits ist hier zu berücksichtigen, ob überhaupt ein weiteres Einkommen erzielt wird oder regelmäßig Geld zur Lebenshaltung dem Vermögen entnommen wird. Andererseits muss im ersten Fall berücksichtigt werden, wie sicher dieses Einkommen ist, also beispielsweise eine Unterscheidung nach Beamten, Angestellten und Selbstständigen erfolgen.
Aber selbst bei Angestellten ist die Spannweite der Sicherheit in Abhängigkeit des Arbeitgebers noch enorm, reicht diese doch vom Kleinunternehmer bis hin zum Großkonzern. Ebenso sieht es bei Selbstständigen aus, bei denen der Einzelkämpfer durchaus andere Anforderungen und Voraussetzungen haben wird, als der Besitzer eines mittelständischen Unternehmens. Und während der eine Einzelkämpfer eventuell großen Schwankungen in der Nachfrage ausgesetzt ist, kann beim anderen durchaus eine stabile Nachfrage und entsprechende Sicherheit beim Einkommen vorhanden sein.
Die Bedeutung des Alters hängt von den ersten beiden Faktoren ab. Jemand, der ohne Verzehr von den Erträgen seines Vermögens leben kann, kann immer mit einem unendlichen Anlagehorizont arbeiten und dementsprechend spielt das Alter keine Rolle. Im anderen Fall spielt das Alter sowie die Zeitpunkte, an denen Kapital benötigt und deshalb Vermögen verzehrt werden muss eine wichtige Rolle. Deutlich wird dies am Beispiel eines Vermögens von 1 Mio. €. Im Alter von 90 Jahren kann der Verzehr fast nicht mehr hoch genug sein, um es noch ordentlich zu genießen, im Alter von 20 Jahren ist es eher eine tolle Ausgangssituation, welche nicht vorschnell kaputt gemacht werden sollte.
Aus diesen Faktoren sowie der Risikoneigung des Anlegers und eventuellen Vorlieben für oder gegen verschiedene Anlageklassen ist eine Strategie zu entwerfen, welche den Wünschen des Anlegers möglichst nahe kommt. Während Gold für den einen eine Versicherung gegen Inflation darstellt, kann es für den anderen reine Spekulation sein. So sind eben alle Anlageklassen zu prüfen und letztlich eine Aufteilung des Vermögens vorzunehmen. Außerdem sind zukünftige Sparleistungen oder geplante Entnahmen vorauszudenken und gegebenenfalls Umschichtungen vorzunehmen, insbesondere für den Fall unterschiedlicher Vermögensentwicklungen einzelner Anlageklassen.
Automatischer Ausgleich
Dies führt zur nächsten Strategie, welche auf jeden Fall bekannt sein sollte, nämlich der des automatischen Ausgleichs. Die Ausgangssituation ist eine festgelegte Verteilung eines Vermögens auf verschiedenen Anlageklassen, der Einfachheit soll im folgenden Beispiel nur von zwei ausgegangen werden. Ein Anleger möchte sein Vermögen gleichgewichtet auf Aktien und Anleihen verteilen, jede Anlageklasse hat demnach den Wert von 50% des Anlagevermögens. An dieser Stelle wird bereits dadurch deutlich, wie gravierend die Veränderungen durch den Besitz einer Immobilie wären, die als dritte Anlageklasse hinzukommen könnte.
In dieser fiktiven Verteilung von jeweils 50% wären Sparleistungen oder Entnahmen noch leicht in diesem Verhältnis vorzunehmen. Jedoch könnte dies bei mehr Anlagenklassen mit entsprechend kleineren Beträgen und oder weniger liquiden Anlagen zunehmend schwieriger sein, wenn Mindestanlagen oder die Wirtschaftlichkeit aufgrund Kauf- beziehungsweise Verkaufsspesen eine Anlage unmöglich machen. Außerdem ist die regelmäßige Verfügbarkeit zum Kauf oder ein Käufer mit ausreichendem Vermögen auch nicht in jeder Anlageklasse geben, wenn zum Beispiel Kunst, Oldtimer oder Immobilien betrachtet werden, ganz abgesehen davon, ob die Wertfeststellung überhaupt problemlos möglich ist.
Ansonsten ist die Strategie eines automatischen Ausgleichs gut geeignet, um einerseits eine gewisse Aufteilung des Vermögens zu gewährleisten und damit stabilere Erträge bei reduziertem Risiko zu erzielen. Außerdem erledigt sich in gewissem Maße das Timingproblem, also wann es besonders ratsam ist aus unterschiedlichen Vermögensklassen ein- oder auszusteigen, um damit mindestens die angestrebte durchschnittliche Rendite in jeder Anlageklasse zu erzielen oder sogar zu übertreffen.
Angenommen der Zeitraum des automatischen Ausgleichens soll ein Jahr betragen und das ursprüngliche Vermögen von 100.000 € wurde zu jeweils 50.000 € in Aktien und Anleihen angelegt. Nach einem Jahr, ob mit zusätzlichen Sparleistungen oder Entnahmen spielt keine Rolle und verändert nur die Rendite, beträgt das Vermögen 55.000 € in Aktien und 51.000 € in Anleihen. Der Wert der Aktien hat sich also um 10% erhöht, was historisch betrachtet überdurchschnittlich ist, und der von Anleihen lediglich um 2%. Um zum ursprünglichen Verhältnis von jeweils 50% zurückzukommen müssten nun also Aktien im Wert von 2.000 € verkauft und Anleihen gekauft werden, so dass anschließend der Wert jeder Anlageklasse jeweils 53.000 € betragen würde. Dies entspricht einer Rendite von 6% pro Jahr, genau dem Durchschnitt beider Anlageklassen.
Wäre der Wert des Aktienanteils jedoch auf 45.000 € gesunken und der von Anleihen auf 51.000 € nur leicht gestiegen, so müssten nun für 3.000 € Anleihen verkauft und dieses Geld in Aktien investiert werden. Anschließend wären wieder jeweils 48.000 € in jeder Anlageklasse vorhanden. Das Vermögen ist jedoch geschrumpft, was sich in einer negativen Rendite von -4% niederschlägt.
Es ist jedoch schön zu sehen, dass nicht nur in beiden Situationen die verschiedenen Anlageklassen zu einer Stabilisierung der Rendite führen, sondern gleichzeitig aus Sicht der Kaufkurse vernünftig gehandelt worden. Nach dem überdurchschnittlichen Anstieg im ersten Fall werden Aktien verkauft und damit Gewinne realisiert, während im zweiten Fall nach dem Kursrückgang zu niedrigeren Kursen nachgekauft wird. Tief kaufen und hoch verkaufen wird damit automatisch umgesetzt.
Weiterlesen im zweiten Teil Welche Anlagestrategien helfen bei der Direktanlage? (2/3)