Vielen Artikeln lässt sich entnehmen, eine Wohnimmobilie sei eine besondere Form der Altersvorsorge. Ein dafür verwendetes Argument ist, dass Wohneigentümer im Alter über ein größeres Vermögen verfügen als Mieter. Allerdings ist die Frage, in welcher Form dies mit dem Immobilienkauf zusammenhängt. In der Regel ist es meistens dadurch erklärbar, dass die Immobilienbesitzer aufgrund der Kreditbelastung sparsamer Leben und dadurch mehr Vermögen schaffen. Ursache und Wirkung wird also klassisch verwechselt.
Dieser Weg der Beurteilung ist daher nicht ratsam. Daher muss eine Alternative gefunden werden, um zu einer verlässlichen Aussage zu kommen. Häufigstes Argument bei Käufern von Immobilien ist neben dem Wunsch etwas Eigenes zu besitzen die Aversion, dem Vermieter Geld zu bezahlen. Natürlich ist die Miete, besonders über die Zeit, ein enormer Betrag, der von Dir zum Vermieter wandert, allerdings ist der Vergleich nicht so einfach. Denn welche Zahl ist die richtige, die Kaltmiete oder die nach Abschreibungen, und welche sonstigen Kosten sollten in die Betrachtung einbezogen werden, bevor im Ergebnis feststeht, ob es wirtschaftlicher ist, die Miete zu bezahlen oder die Immobilie zu kaufen.
Im ersten Schritt ist die Kaltmiete nicht schlecht. Dennoch sind noch weitere Anpassungen vorzunehmen, um zu einem aussagekräftigen Vergleich zu gelangen. Da wäre als erstes die Abnutzung des Gebäudes zu nennen, welche immer den Besitzer der Immobilie trifft, aber eben entweder Dich oder Deinen Vermieter. Denn eines ist mit Sicherheit auszuschließen, dass eine Immobilie eine Altersvorsorge darstellt. Es kann höchstens dazu genutzt werden, jedoch ist und bleibt es ein Konsumgut, welches einem Wertverlust unterliegt, welcher durch Reparaturen und Instandhaltung ausgeglichen werden muss.
Als zweites sind die Opportunitätskosten für den Einsatz der Liquidität zu berechnen, weil es ratsam ist, Eigenkapital einzusetzen, um beispielsweise die Zinsen für den Kredit zu senken, aber diese Liquidität keine Erträge mehr erzielt und damit Dein Budget sinkt. Ebenso könnte noch die Wertveränderung der Immobilie beziehungsweise des Grundstücks mit einbezogen werden, allerdings ist dies nur ratsam, wenn die Immobilie zu Lebzeiten verkauft und der Verkaufserlös zur Altersvorsorge genutzt werden soll. Dies soll in dieser Betrachtung jedoch außen vor bleiben, weil es dann eher eine Investitionsrechnung für Selbstnutzer ist.
Mit grundsätzlichen Annahmen ist eine Rechnung leicht möglich
Nun der Reihe nach. Wenn die Kaltmiete beispielsweise 800 € pro Monat für eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus beträgt ist der Vergleichswert für einen Immobilienkauf zu bestimmen. Hat die Wohnung einen Marktwert von 200.000 € und entfallen davon 20% auf das Grundstück, so kommt dem Gebäude ein Anteil von 80% oder 160.000 € zu. Dieser unterliegt einem Wertverlust von 2%, zumindest billigt Dir der Staat diesen Prozentsatz als Abschreibung zu, wenn Du in eine fremdgenutzte Immobilie investieren würdest. Diesen Betrag von knapp 270 € pro Monat bekommt der Vermieter damit nur als Ausgleich für die Abnutzung um muss ihn eigentlich reinvestieren, um den Wert der Immobilie zu erhalten. Es ergibt sich von selbst, dass dieser Durchschnittsbetrag bei Neubauten oder direkt nach Renovierungen zu hoch ist, nach gewisser Zeit aber auch zu niedrig sein kann. Auf jeden Fall sinkt damit der Betrag durchschnittlich auf 530 €, welcher der reinen Nutzung der Wohnung zuzurechnen ist.
Ausgehend von einer 100% Finanzierung, die also vollständig ohne den Einsatz von Eigenkapital auskommt, dürften die Zinsen für den Kredit also den Betrag von 530 € nicht übersteigen, damit sich der Kauf lohnt. Dies entspricht einem Zins von 3,18%, so dass jeder Zins darunter für einen Kauf spräche, ein Zins darüber eher für Miete. Dabei werden die Nebenkosten des Erwerbs noch nicht berücksichtigt, welche durchaus bei 10% des Kaufpreises liegen können und damit bei 20.000 € einem Gegenwert von knapp 38 Monatsmieten entspricht. Oder in den Zins des Kredites eingerechnet sinkt dieser auf 2,89%, und damit eben die Grenze für die Unterscheidung der Vorteilhaftigkeit zwischen Kauf und Miete.
Werden jetzt zusätzlich 50.000 € Eigenkapital eingebracht, so ist nur ein Kredit von 170.000 € inklusive der Nebenkosten aufzunehmen. Damit werden Kreditzinsen für diese 50.000 € gespart, andererseits auch keine Erträge mehr durch die Anlage dieses Geldes erzielt. Für die Berechnung der entgangenen Erträge sollte nicht der Zins für ein Tagesgeldkonto gewählt werden, selbst wenn das Geld dafür vor dem Immobilienkauf aufgrund des Kaufs dort gelagert wurde. Vielmehr ist aufgrund des vergleichbaren Anlagezeitraums eine Investition in eine langfristige Anlage anzusetzen, die im Schnitt höher rentiert wird. Dennoch hängt der Ertrag eben deutlich von der Anlagepräferenz der Anlegers ab.
Bei einer Anlage in Aktien zum Beispiel wird eine Durchschnittsrendite von 8% erzielt, so dass dem Einsatz der 50.000 € ein entgangener Ertrag von durchschnittlich gut 330 € entgegensteht. Dadurch verändert sich der Zinssatz wieder, der nun für die restlichen 170.000 € nur noch 1,41% betragen dürfte. Selbst wenn durch die Anlage nur eine Rendite von 5% erzielt würde, also knapp 210 €, so dürfte der Zins nur noch maximal 2,26% betragen, damit ein Kauf wirtschaftlich wäre.
So lange es langfristige Anlagemöglichkeiten gibt, deren Rendite höher als die Kaltmiete gemindert um den Wertverlust der Immobilie ist, so lange wird es rein finanziell immer attraktiver sein, vorhandenes Geld nicht in der Immobilie sondern eben anderweitig anzulegen. Die Sicherheit, in der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus zu wohnen, ist kaum quantifizierbar und muss von jedem selbst eingeschätzt werden. Es ist jedoch nicht möglich, von der Immobilie abzubeißen oder sehr schwierig beziehungsweise aufwändig und teuer, lediglich ein wenig Geld zu entnehmen. Wenn Du jedoch ausreichend Bargeld hast, dann ist es die ideale Beimischung in einer Vermögensaufteilung, um vielleicht 20% sicher und langfristig anzulegen, aber nicht als Altersvorsorge. Dazu dann doch besser die fremdgenutzte verwenden.
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