Ich rate dazu, die Einstiegskurse zu vergessen und nur in die Zukunft zu schauen. Das kann ich auch schnell erläutern, weil die Einstiegskurse die Vergangenheit darstellen, Du aber für die Zukunft investiert bist. Der Einstiegskurs oder vielmehr die Veränderung des aktuellen Kurses zu diesem spiegelt die Entwicklung der Vergangenheit bis heute wieder, aber Du kannst daraus keine Rückschlüsse ziehen, wie sich der Kurs in Zukunft entwickeln wird. Die Frage könnte also nur sein, welche Informationen er Dir gibt, welche Du bei einer aktuellen Entscheidung für Verkauf oder Halten bewerten kannst.
Dabei wird bereits deutlich, dass es nicht darum geht, ob es damals eine gute Entscheidung war, zu kaufen. Dies ist Vergangenheit und lässt sich nicht korrigieren, selbst wenn Du dies wolltest. Es verleitet Dich vielmehr zu einer Bewertung, ob Du richtig lagst oder falsch, aber auch hier sollte die erste Frage sein, was Dir das überhaupt bringt. Wenn Du spekulierst, dann ist das wichtig, wenn Du investierst nicht. Aber selbst wenn Du spekulierst ist vermutlich die Gesamt-Performance dennoch entscheidender, als einzelne Positionen.
An einigen Beispielen lässt sich gut erkennen, wie problematisch die Bewertung sein kann. Stelle Dir 2 Positionen vor, eine liegt nach der ersten Periode 10% vorne und eine 10% hinten. Welche davon würdest Du aufgrund der Aussage verkaufen und welche halten? Und wenn beide Positionen eine Periode später wieder beim Einstandskurs sind, welche würdest Du dann verkaufen oder halten, sofern Du überhaupt noch beide hast? Wenn sich aber beide in der nächsten Periode gleich verhalten und eine ist bei +20% und die andere bei -20%, was machst Du dann?
Gewinner oder Verlierer laufen lassen? Entscheidend sind die Gründe…
Interessant ist, viele verkaufen eine Position mit +10% direkt, weil sie einen schönen Gewinn gemacht haben, eine Position mit -10% halten Sie aber, um Verluste zu vermeiden. Wenn diese Position dann wieder am Einstiegskurs ist verkaufen sie und in diesem Fall hätten sie tatsächlich 5% Gewinn gemacht, wenn beide Positionen zu Beginn gleich groß waren. Im anderen Fall liegen sie jedoch bereits 5% hinten, weil die Position mit Buchverlust noch offen ist. Im Resultat wurde also der Gewinn realisiert und der Verlust laufen gelassen.
Genau anders herum wäre besser, Gewinne laufen lassen und Verluste begrenzen. Also nach der ersten Periode die Position -10% verkaufen, auch wenn sie sich vielleicht erholen würde. Und die andere Position offen lassen und hoffen, dass diese weiter steigt. Dies berücksichtigt auch eine gute Fehlerkultur. Denn Fehler, in diesem Falle Fehleinschätzungen zur zukünftigen Kursentwicklung, können und werden passieren, aber sie sollten unbedingt so schnell wie möglich korrigiert werden. Ja, mir wäre es auch lieber, ich würde erst gar keine machen und wenn ich nicht verkaufe und es sich erholt, habe ich eventuell auch gar keinen gemacht. Ups, merkst Du was, schon wieder typisches Verhalten.
Deshalb, vergiss die Einstiegskurse und die Veränderung. Wenn Du jetzt Geld investieren würdest, würdest Du dieses Investment eingehen, weil Du daran glaubst, dass es sich in der Zukunft gut entwickeln wird? Wenn Du das denkst, dann kannst Du investiert bleiben, ansonsten solltest Du verkaufen. Dies ist die Frage, dies es zu beantworten gilt, und die ist offensichtlich unabhängig vom Einstiegskurs.
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