Eine Frau ist 60 Jahre und beschäftigt sich mit dem nahenden Ruhestand. Aus diesem Grund möchte sie sich mit Ihrem Depot beschäftigen, bei dem sie schon seit Jahren ein ungutes Gefühl hat, ohne Gründe dafür angeben zu können. Während ihres gesamten Berufslebens hat sie hin und wieder Geld angelegt, immer in Absprache mit ihrem Bankberater. Dennoch hat sie viele verschiedene Positionen, keinen Überblick und kein Gefühl bei dem Depotauszug, ob es gut ist oder schlecht.
Sie möchte nun die Kontrolle über ihr Depot zurückerlangen und das Wissen, ob dieses mit ihren Wünschen und Zielen übereinstimmt. Diese gibt sie mit einer vernünftigen und langfristigen Wertentwicklung an, allerdings möchte sie auf einen Teil des Geldes, ein Viertel, auch kurzfristig, mit einer Frist von ein paar Tagen, zugreifen können. Ansonsten möchte sie keine übermäßigen Risiken eingehen und hat keine Bedenken bei ausländischen Werten oder Währungen. Des Weiteren hat sie noch eine private Rentenversicherung, die mit Rentenbeginn fällig wird und verrentet werden soll, ansonsten benötigt sie keine weiteren regelmäßigen Auszahlungen.
Dies ist durchaus verständlich. Bei einer Gesamtsumme von ziemlich genau 100.000 € sind fast 30 verschiedene Positionen enthalten, die hauptsächlich aus Fonds bestehen und keinerlei Struktur erkennen lassen. Sicherlich gab es bei jeder Anlageentscheidung gute Gründe für die Wahl, jedoch wurde diese jedes Mal ohne Berücksichtigung der vorhandenen Werte getroffen. Im Ergebnis liegen eben viele Positionen mit unterschiedlicher Entwicklung vor, die jedoch aufgrund der unterschiedlichen Kaufzeitpunkte nur schwer vergleichbar sind.
Im Schnitt liegt der Wert einer Position bei knapp 3.500 €, den größten Wert hat eine Position mit ungefähr 8.000 €. Eine Aktienposition im Wert von leicht unter 1.500 € lässt auf jeden Fall die Frage aufkommen, ob die Transaktionskosten in eine wirtschaftlichen Verhältnis liegen können. Die Kosten der Fonds sind überwiegend mit als 1,5-2,0% auf den Webseiten der Fondsgesellschaften angegeben, so dass vermutlich etwa 1.500 € verdeckte Kosten pro Jahr fällig werden. Dazu verlangt die Bank noch eine Depotgebühr von 200 €, die zwar nicht ins Gewicht fällt, aber dennoch gespart werden könnte.
Damit geht es zurück zur Ausgangsfrage, was mit dem Depot zu tun ist. Die Forderung schnell auf einen Teil des Geldes zugreifen zu können ist nicht erfüllt, weil die Aktienfonds Kursschwankungen unterliegen und damit ein schneller Verkauf zur Unzeit erfolgen könnte. Die geforderte Übersichtlichkeit ist bei dieser Anzahl von Positionen auch nicht gegeben, zumal die Fonds deutlich Überschneidungen in der Anlage haben und dies selbst nachgehalten werden müsste. Zuletzt sind die Ausgabeaufschläge schon bezahlt und daran ist auch nichts mehr zu ändern, aber eine laufende Gebühr von 1,5% schmälert die Rendite in der Zukunft doch sehr.
Ein radikaler Wechsel ist manchmal die beste Lösung
Die Empfehlung lautet daher, alle Positionen zu verkaufen und damit erst einmal klar Schiff zu machen. Damit ist die Übersichtlichkeit zunächst hergestellt, liegt doch erst einmal nur noch ein Betrag von 100.000 € auf dem Verrechnungskonto. Davon sind 25.000 € auf ein Tagesgeldkonto zu überweisen, welches von vielen Banken kostenfrei angeboten wird. Die Zinsen darauf sind zwar im Moment denkbar gering, allerdings geht es bei diesem Betrag weniger um die Wertentwicklung als mehr um die tägliche Verfügbarkeit dieses Betrages.
Die übrigen 75.000 € wären gut gestreut anzulegen, wobei zu viel Diversifikation die Kosten oder die Mühe treiben kann und bei diesem Betrag nur schwer abzubilden ist. Daher bietet es sich an einen Indexfonds auszuwählen, beispielsweise einen auf den MSCI World, der Aktien und Währungen der gesamten Welt wieder spiegelt. Die Kosten dafür belaufen sich auf fast 0,5% jährlich, dies bedeutet jedoch schon eine gute Drittelung oder Reduktion um ungefähr 70%. Obwohl der Ausgabeaufschlag entfällt hat Diversifikation seinen Preis, selbst wenn dieser wesentlich geringer ist, als in einem aktiv betreuten Fonds.
Alternativ ist es möglich, das Geld auf zwei Indexfonds zu verteilen, einen Teil auf den EURO STOXX 50, die 50 größten europäischen Werte in €, und den anderen auf den S&P 500, die 500 größten amerikanischen Werte in US$. Hierbei sollte in den europäischen Fonds mit 50.000 € doppelt so viel wie in den amerikanische Fonds investiert werden, zum einen weil die Währung die eigene ist und zum anderen, weil er die heimische Wirtschaft widerspiegelt. Daher kann alternativ für diesen auch der DAX als Basisindex gewählt werden. Ausgabeaufschläge sind dabei nicht zu entrichten und die Kostenquote liegt nur noch bei ungefähr 0,1%, so dass alleine dadurch eine Einsparung von circa 1.400 € oder eine Steigerung der Rendite über rund 1,5% pro Jahr erreicht werden kann.
Verständnis ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil
Die Wertentwicklung kann leicht über die Indizes und den Wechselkurs zum €/US$ verfolgt werden, die allesamt leicht auf Webseiten zu finden sind und sogar häufig in den Nachrichten genannt werden. Auch wenn die Verfügbarkeit des Geldes täglich ist, so spielt doch der Zeitpunkt eine nicht zu vernachlässigende Rolle, weshalb es sich wirklich um langfristige Anlagen handelt. Dafür ist die Wertentwicklung, zumindest in der Vergangenheit, durchaus mit ungefähr 8% pro Jahr anzusetzen und selbst wenn diese in der Zukunft nicht mehr erreicht werden sollte, so dürfte sie aufgrund der geringen Kosten immerhin noch über 5% pro Jahr liegen. Damit ist eine Ausnutzung des Zinseszins bei ausreichender Haltedauer gegeben.
Zuletzt ist natürlich am sinnvollsten, dies bei einer Direktbank zu tun, um noch ein paar € zu sparen. Der Übertrag von Wertpapieren in ein anderes Depot ist kostenlos und die aufnehmende Bank hilft Dir sehr gerne dabei. Aber selbst wenn sie dies bei ihrer Hausbank erledigen lassen und noch Depotgebühren oder selbst geringe Kaufspesen zu bezahlen haben, so wird dies die Rendite nicht wesentlich schmälern. Alle Marktteilnehmer sind im Schnitt immer der Index und weil es nur wenigen Fondsmanagern überhaupt gelingt, über längere Zeit den Index zu schlagen, sind diese passiven Produkte auch aus Sicht der Wertentwicklung erste Wahl.
Die Depotoptimierung ist daher einfacher als es auf den ersten Blick aussieht. Halte es so einfach wie möglich und versuche nicht, Überrenditen zu erzielen. Reduziere die laufenden Kosten soweit wie möglich, denn dies steigert direkt die Rendite. Wenn es um Wissen oder Können ginge, dann würden die guten Fondsmanager mit viel Wissen permanent den Index schlagen. Und wenn es nur eine Frage des Glücks ist, dann kannst Du eben auch Pech haben.
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