In der vereinfachten bedarfsorientierten Altersvorsorge wirde der Bedarf im Alter durch den aktuellen Bedarf abgeschätzt und lediglich die Geld-Inflation berücksichtigt. Dies soll im folgenden Beitrag präzisiert werden, in dem die Inflation und deren Auswirkung auf die Altersvorsorge betrachtet werden. Zusätzlich muss vorhandenes Vermögen in die Berechnung mit einbezogen werden, weil es großen Einfluss auf den Bedarf haben kann. Dazu ist wiederum die unterschiedliche Wertentwicklung dieser Investments zu unterscheiden, damit vorhandenes Vermögen korrekt eingerechnet und der Bedarf richtig ermittelt werden kann.
Inflation muss berücksichtigt werden
Die Inflation ist umso wichtiger bei der Berechnung des Bedarfs, je länger der Zeitraum bis zum Altersruhestand ist. Selbst eine Inflation von knapp unter 2%, wie sie in Europa Ziel der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ist, führt in 35 Jahren zu einer Halbierung des Geldwertes beziehungsweise eben zu einer Verdopplung aller Preise. Für die letzten Jahre der Vergangenheit war dies im Übrigen auch eine realistische Annäherung im Durchschnitt, auch wenn es im letzten Jahrhundert durchaus höhere Raten gab und diese aktuell deutlich darunter liegen.
Dies bedeutet, dass ein Kilogramm Brot heute 2 € kostet und eben voraussichtlich in 35 Jahren 4 € kosten wird. Aus diesem Grund ist darauf zu achten, dass jegliche Beträge für den gleichen Zeitpunkt betrachtet werden. Wird also der Bedarf zu Preisen des aktuellen Zeitpunkts bestimmt, so ist jegliches Vermögen, beispielsweise aus Rentenversicherungen, auch auf den aktuellen Zeitpunkt abzuzinsen. Eine prognostizierte monatliche Rente von 250 € in 35 Jahren deckt eben nur einen Bedarf von aktuell 125 €.
Anders sieht es bei Immobilien aus, deren Wert vermutlich nicht mit 2% pro Jahr steigt. Hier sind vielmehr Region, Lage und nicht zuletzt die Bevölkerungsentwicklung für die Wertveränderung entscheidend, wobei der Durchschnitt dennoch nur im Bereich 0%-1% liegen dürfte. Eine konservative Schätzung ist jedoch ratsam, weil ein Überschuss im Zweifel deutlich angenehmer ist als ein monatlicher Fehlbetrag, falls die Schätzung nicht eintreten sollte.
Im Gegensatz zu den letzten Jahren ist nicht mehr davon auszugehen, dass sich der Wert aller Immobilien in 10 Jahren verdoppelt. Hier ist aus diesem Grund besonders gut zu prüfen, zu welchem Preis eine vermietete Eigentumswohnung in der Zukunft verkauft werden könnte, um einen Bedarf bei der eigenen Altersvorsorge zu decken. Außerdem darf der Instandhaltungsbedarf ebenfalls nicht unterschätzt werden. Wird 35 Jahre lang keine Investition in eine Immobilie vorgenommen, so ist vielleicht noch das Grundstück im Wert gestiegen, dass Gebäude dürfte hingegen einen Großteil des eigenen Wertes eingebüßt haben.
Bei Schmuck, Kunst- und Wertgegenständen ist die künftige Wertentwicklung dagegen nicht einmal für Experten vorhersagbar. Daher muss hier jeder selbst eine Entscheidung treffen, ob und in welchem Umfang diese Gegenstände in die Altersvorsorge mit einbezogen werden. Eine konservative Annahme ist aus diesem Grund noch mehr geboten, um nicht an dieser Stelle auf Sand zu bauen, sofern bei der Berechnung nicht komplett auf diese Anlageklasse verzichtet werden kann.
Hier kommt ein weiteres Mal der Vorteil einer Vermögensbilanz richtig zum Vorschein. Nicht nur, dass Du damit erst wirklich einen Überblick erhältst, wie es um Dein Vermögen insgesamt steht. Wenn Du Deine eigene Vermögensbilanz erstellt hast und die Vermögenswerte seit Jahren verfolgst, dann hast Du Dir außerdem ein gutes Gespür erarbeitet, welche Steigerungsraten anzusetzen sind und wie sich Dein Vermögen beziehungsweise Deine einzelnen Vermögenspositionen in Zukunft entwickeln werden. Dies hilft Dir sicherlich, viel präzisere Voraussagen zu machen.
Bestimmung des Bedarfs
Bei der Bestimmung des Bedarfs im Alter ist die Orientierung am aktuellen Lebensstil der erste Anhaltspunkt. Aus diesem Grund ist es durchaus legitim, wenn zur Zeit ein Geldbetrag von 1.250 € im Monat ausreichend ist, dies auch für die Zeit in Rente als notwendig anzusetzen. Hier kommt der Moment ins Spiel, bei dem das eigene Budget eine große Hilfe darstellt, wenn Du es bereits erstellt hast. Diese Hilfe ist umso mehr wert, je sicherer Du bist, nichts vergessen zu haben, und je präziser die Positionen erfasst sind.
Dabei geht es nicht um den letzten Cent, sondern vielmehr, ob Du 500 € für Lebenshaltung oder getrennte Beträge für Lebensmittel, Besuche von Restaurants oder Bars, Kleidung oder Abonnements erfasst hast. Den schon bei den wenigen Beispielen wird deutlich, wie unterschiedlich die Preisentwicklung und die Möglichkeiten einer Einschränkung sind. Sicherlich ist es mühsam, ein vollständiges detailliertes Budget in einem Rutsch zu erstellen, aber einen schnellen Wurf zu erstellen und in den nächsten Monaten oder Jahren zu verfeinern, sollte jedem möglich sein.
Für diese Mühe wirst Du dann an dieser Stelle mit einem genaueren Ergebnis belohnt, weil der aktuelle Bedarf detailliert betrachtet werden kann. Eine Aufteilung auf verschiedene Positionen erlaubt eine Einzelfallprüfung, welche Positionen im Ruhestand nicht mehr notwendig sind beziehungsweise welcher Teil davon eingespart werden kann. Dies sind beispielsweise Aufwendungen zur Altersvorsorge und der Schutz gegen Berufsunfähigkeit. Ob eine Absicherung für den Todesfall notwendig ist, hängt von der familiären Situation und daraus resultierenden Renten und Anforderungen ab.
Es kann jedoch auch Positionen geben, die hinzukommen oder erhöht werden müssen, dass soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. Es ist natürlich keine Hilfe, wenn das Geld nicht ausreicht und gespart werden muss. Aber solltest Du in der angenehmen Situation sein, dass Du aufgrund gründlicher Vorsorge finanziell gut aufgestellt bist, dann ist jetzt die Möglichkeit, davon zu profitieren.
Während diese Tätigkeit noch eine Fleißarbeit ist, wird es bei der Lebensplanung im Ruhestand wesentlich schwieriger zu planen. Mit welchen Hobbies, Reisen oder Aktivitäten wird die Freizeit gefüllt werden und welcher Geldbetrag muss dafür zusätzlich zur Verfügung stehen? Hierüber empfiehlt es sich in Ruhe nachzudenken, um zu einem tragfähigen Ergebnis zu gelangen. Denn eines ist sicher: Die Freizeit im Altersruhestand mit einem 1-€-Job zu verbringen, um über die Runden zu kommen, solltest Du verhindern.
Berücksichtigung von Instandhaltungskosten
Bei der Bedarfsermittlung ist im Falle einer selbstgenutzten Immobilie keine Miete mehr anzusetzen, jedoch sind Nebenkosten und Instandhaltung auf keinen Fall zu vernachlässigen. Sicherlich werden ab und an Reparaturen und Erneuerungen notwendig sein, die kalkuliert und in Deinen Bedarf eingerechnet werden müssen. Es ist aber kaum möglich, Reparaturen vorauszuplanen und abschätzen zu wollen. Erneuerungen sind planbarer, jedoch aufgrund der langen Zeitspanne ebenfalls mit so großen Unwägbarkeiten behaftet, dass eine seriöse Kalkulation nicht möglich ist.
Daher bietet sich an, einen Zeitraum zu schätzen, bis zu dem das Haus vollständig reparaturbedürftig wäre und komplett neu aufgebaut werden müsste. Dieser Zeitraum bestimmt die jährliche Rückstellung. Aber auch an dieser Stelle dienen die Vermögensbilanz und das Budget wieder als Hilfe. Denn wenn beides sauber erstellt wurde, ist die Bestimmung der notwendigen Abschreibungen in der Vermögensbilanz und der Übertrag ins Budget leicht gemacht.
Als Beispiel soll ein Reihenhaus in einem Vorort von Frankfurt dienen. Der aktuelle Wert beträgt 700.000 €, wovon 300.000 € auf das Grundstück entfallen und demnach 400.000 € auf das Haus. Wenn das Haus 50 Jahre genutzt werden könnte, entspricht dies einer Abnutzung von 2% pro Jahr. Es entstehen zur Instandhaltung also theoretisch konstant 8.000 € pro Jahr, die zu Renovierungen eingesetzt werden könnten um den Wert des Hauses zu erhalten bzw. am Ende der 50 Jahre für den kompletten Neubau des Hauses.
Ob eine Nutzungsdauer von 50 Jahren für eine Immobilie zu kurz oder zu lang angesetzt ist, hängt natürlich auch vom jeweiligen Nutzer der Immobilie ab. Jedoch gilt hier, wie in vielen anderen Punkten beim Budget und bei der Bestimmung der Altersvorsorge: Lieber mit der Annahme auf der sicheren Seite als im Alter feststellen, dass man zu optimistisch kalkuliert hat.
Die Inflation muss bei der Betrachtung der jährlichen Instandhaltungskosten insofern betrachtet werden, als dass diese mit der Zeit steigen. In 35 Jahren wird das Haus wahrscheinlich nicht mehr für 400.000 € aufzubauen sein. Prinzipiell spricht vieles dafür, dass die Dienstleistungen bei der Erstellung des Hauses mit der Inflation steigen, also nach 35 Jahren doppelt so teuer sein werden. Jedoch gilt dies vielleicht nicht für die Rohstoffe, die für den Bau des Hauses notwendig sind, zum Beispiel Beton oder Glas. Oder der Fortschritt für zu anderen Anforderungen mit höheren Kosten. Heute gibt es beispielsweise auch keine Röhrenfernseher mehr.
Außer bei Immobilien müssen Instandhaltungskosten auch für andere Wertgegenstände berücksichtigt werden. Hier ist zum Beispiel das Auto zu nennen, welches regelmäßig gewartet beziehungsweise erneuert werden muss. Es kann jedoch sein, dass auf das Auto ab dem 80. Lebensjahr verzichtet werden soll und stattdessen auf die Nutzung von Taxis oder öffentlicher Verkehrsmittel umgestiegen wird. In diesem Fall könnte der Bedarf der Instandhaltung auch sinken, die ersetzenden Kosten dagegen werden wahrscheinlich steigen.
Nach dem der Bedarf bestimmt wurde, gilt es nun das Vermögen in die Planung des Ruhestandes einzuarbeiten:
Wie wird Vermögens in die Ruhestandsplanung eingearbeitet? (1)
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