Ich möchte mit Dir ein fiktives Experiment machen. Du bekommst einen großen Auftrag zur Erledigung und kannst selbst entscheiden, ob Du pro Stunde oder nur für das Ergebnis bezahlt werden möchtest. Wie würdest Du Dich entscheiden?
Falls Du so pauschal keine Aussage machen kannst, dann konkretisiere ich es gerne noch weiter. Im Beispiel kennst Du die Arbeit gut und hast eine Vorstellung davon, wie lange Du benötigst. Du weißt, dass Du im Schnitt 80h brauchst und wenn es gut läuft 10h weniger, allerdings 10h mehr, wenn es nicht so gut läuft. Bei einem Stundenlohn von 12,50 € pro h hast Du demnach die Wahl zwischen eben 12,50 € pro geleisteter Arbeitsstunde oder 1.000 € für das fertige Ergebnis. Wie würdest Du wählen, wenn Du die freie Wahl hättest?
Interessanterweise entscheiden sich die Meisten für den kalkulierbaren Lohn, also die Bezahlung nach Arbeitszeit. In dem obigen Beispiel nehmen sie also das Risiko heraus und werden exakt für die geleistete Arbeitszeit bezahlt. Brauchen sie länger, muss der Auftraggeber den Betrag bezahlen, sind sie schneller fertig, sinkt eben ihr Lohn. Nehmen wir an, Du oder der fiktive Arbeiter rechnen fair genau die benötigte Zeit ab, dann ist der schnellere im Nachteil, weil er bei angenommen gleicher Qualität weniger Lohn erhält.
Welcher Anreiz wird in welchem Fall geschaffen, und für wen?
Der Anreiz schneller und besser zu werden sinkt dadurch, weil von dieser Leistungssteigerung nicht der Arbeiter, sondern der Auftraggeber profitieren würde. Aber hinsichtlich des Risikos gibt es ebenso andere Aspekte, die es sich zu betrachten lohnt. Einerseits könntest Du als Preis einfach 1.125 € entsprechend 90h zu 12,50 € aushandeln, um damit eigentlich kein zeitliches Risiko mehr zu haben. Dies wäre exakt die Vorgehensweise eines Unternehmers, der jemand zu kalkulierbarem Lohn anstellt, für sich arbeiten lässt und einen Aufschlag für seinen Gewinn und sein unternehmerisches Risiko aufschlägt.
Der Arbeiter, der sich dementsprechend nur für Zeit bezahlen lässt, um sein eigenes Risiko zu verringern, nimmt sich damit im gleichen Zug jegliche Chance auf einen Gewinn. Die gleiche Überlegung kann ebenso auf den Bereich der Geldanlage übertragen werden. Bist Du bereit, ein Risiko einzugehen und unter gewissen Umständen weniger Geld zurückzuerhalten, als Du eingesetzt hast? Wenn nein, wird Deine Rendite immer beschränkt sein und Du beraubst Dich Deiner Chancen. Wenn doch, dann heißt dies aber nicht, blind jedes Risiko einzugehen sondern nach reiflicher Überlegung und gut kalkuliert in dem Maße, dass es der Chance angemessen ist.
Die Konsequenzen bezüglich der Bezahlung nach Arbeit oder Ergebnis sind jedoch klar. Zeit ist das knappe Gut, nicht Geld, und das Risiko ist der Stellhebel. Auch wenn es sich in der oberflächlichen Betrachtung für die Wenigsten so darstellt, ein Gedankenspiel macht es deutlich. Nimm einen beliebigen Zeitraum und versuche ihn zu verlängern, Du wirst es nicht schaffen. Ein Spiel dauert immer 90 Minuten, zumindest im Fußball, Tag hat 24h und ein Jahr hat 365 Tage, wenn es kein Schaltjahr ist. Selbst Dein Leben ist begrenzt, auch wenn wir nicht im Voraus wissen, wie lange es sein wird.
Die Lehre daraus kann daher nur lauten, wann immer die Wahl besteht, für ein Ergebnis zu arbeiten, nicht für einen Stundenlohn. Ziel muss es sein, Geld einzusetzen, um Zeit zu sparen, anstatt Zeit einsetzen, um Geld zu sparen. Dies gilt natürlich nur unter der Bedingung, dass die Zeit insgesamt vernünftig eingesetzt wird.
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