Oft wird im Zusammenhang von Finanzierungsproblemen des Staates davon gesprochen, dass die Steuern erhöht werden sollen. Es ist natürlich richtig, dass der Staat keine andere Chance hat, wenn er mehr Geld einnehmen möchte. Allerdings ist die Diskussion an dieser Stelle falsch geführt, weil die wichtigere Entscheidung ist, welche Steuer es sein sollte.
Die häufigste angeführte Steuer, die sich für eine Erhöhung eignen sollte, ist die Einkommenssteuer. Aus meiner Sicht ist dies jedoch genau falsch, weil es nicht die Reichen besteuert, sondern die Leistungsträger. Hier ist es bereits die Reichensteuer, welche ab einem Einkommen von 250.000 € als Zuschlag zur Einkommensteuer fällig wird, welche eine irreführende Tendenz vorgibt.
Ist es nicht die Einkommensteuer, so muss es andere Steuern geben, die diesen Platz einnehmen. In Betracht kommen beispielsweise die Erbschaftssteuer, eine Vermögenssteuer oder die Umsatzsteuer. Letztere wird auf jeden Konsum fällig und trifft damit alle prozentual gleich, unabhängig davon, wie hoch das Einkommen oder das Vermögen ist. Jemand der 10.000 € pro Monat ausgibt zahlt damit 10-mal so viel wie jemand, der nur 1.000 € im Monat ausgibt, aber relativ den gleichen Prozentsatz. Insofern wäre dies denkbar, enthält aber keinerlei progressiven Charakter, also das stärkere Schultern auch relativ höhere Lasten tragen sollen. Aus meiner Sicht ist eine Erhöhung der Umsatzsteuer dennoch eine denkbare Lösung.
Eine Vermögenssteuer könnte ebenso eingeführt, führt jedoch zur Problematik, dass Vermögen nicht zwangsläufig mit Liquidität einhergeht. Hier ist es einfach, dass jemand mit einem Vermögen von 1.000.000 € in Bar, eine Steuer in Höhe von 1% oder 10.000 € bezahlt. Jemand mit einem Aktienportfolio in gleicher Höhe muss dann jedoch eventuell zu einem ungünstigen Kurs verkaufen, um überhaupt an Liquidität zu gelangen. Bei einer Immobilie ist nicht nur die Bewertung überhaupt schwer, ein Verkauf in Teilen ist überhaupt nicht unmöglich. Bei Firmenanteilen kann der Wert durch einen Verkauf sogar dramatisch sinken, weil der aktuelle Besitzer ein wesentlicher Wissensträger ist. Dann könnte eine Steuer sogar den Betrieb gefährden. Daher empfinde ich diese Steuer als gänzlich ungeeignet.
Die Erbschaftssteuer dagegen ist prinzipiell gut geeignet, weil hier der Übergang des Vermögens von einer Person auf eine andere stattfindet. Selbst wenn ein Verkauf von Anteilen notwendig ist, so entspricht dies eben nur einem anderen Erbe, wenn auch geringer. Aber dies stellt immer noch einen ganz anderen Sachverhalt dar, als bei eigenem erarbeiteten Vermögen. Jemand der 100 Mio. € erbt, muss nicht arbeiten und ist aus diesem Grund eventuell gar nicht von der Einkommensteuer betroffen, weil er nur Kapitalerträge hat und er davon gut leben kann. Insofern sollte hier eine hohe Steuer anfallen, um ein besseres Gleichgewicht zwischen Arbeit und Kapital herzustellen.
Es wird vermutlich in Zukunft nicht besser
Zum Abschluss möchte ich noch auf den Begriff Soziale Marktwirtschaft eingehen, der zu Beginn des letzten Jahrhunderts geprägt wurde und Mitte des Jahrhunderts zunächst von der CDU und anschließend von der SPD übernommen wurde. Hier ging es darum, den Einfluss des Kapitals durch eine hohe Erbschaftssteuer in Verbindung mit niedrigen Einkommenssteuern zu reduzieren und damit die Vermögensverteilung herzustellen. Interessant, wenn die heutigen Steuern betrachtet werden.
Die Senkung der Einkommensteuer ging damit in die richtige Richtung, die Einführung der pauschalen Kapitalertragssteuer eher in die falsche. Wieso Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten, beispielsweise den USA, höhere Einkommenssteuern und niedrigere Erbschaftssteuern hat, ist mir gänzlich unbegreiflich. Aber wir legen auch großen Wert auf Bildung und ein einfaches Steuermodell, bei dem Vermögende keinen Vorteil durch teure Steuerberater mehr haben, wird verhindert, weil ein Bundeskanzler einen Steuerprofessor als Wissenschaftler im Elfenbeinturm verunglimpft. Insofern muss ich es auch nicht verstehen.
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