Es gibt immer neue Bestrebungen der Politik, die Provision bei der Beratung von Finanzprodukten offenzulegen, um dem Kunden mögliche Anreize des Beraters zu verdeutlichen. Diese Bemühungen sind aus meiner Sicht nicht zielführend und lenken sogar von dem wichtigeren Thema der Rentabilität ab. Denn die Provision nur ein Teil der Kosten und es ist in vielen Fällen nicht möglich, die Provisionen unterschiedlicher Produkte adäquat miteinander zu vergleichen.
Zunächst möchte ich die Schwierigkeit nennen, dass unterschiedliche Berater unterschiedliche Provisionen für das gleiche Produkt erhalten. Es kann sein, dass der eine Berater ein festangestellter Mitarbeiter einer Bank ist, welcher keine oder nur eine geringe Provision erhält, aber über seine Ziele gesteuert wird. Ist dann die Provision der Bank maßgeblich, die des Mitarbeiters oder müssen sogar seine Ziele in geeigneter Form erfasst und angezeigt werden?
Ebenso kann es sein, dass ein dienstjunger Mitarbeiter ein geringeres Gehalt oder geringere Provisionen als selbstständiger Außendienstmitarbeiter erhält, als ein dienstälterer oder schlicht besserer Kollege. Dies hat für den Kunden jedoch meistens keine Bedeutung, weil die Kostenbelastung als Durchschnitt beim gleichen Produkt identisch ist. Die gleiche Konstellation kann für einen untergebenen oder angestellten Mitarbeiter eines Außendienst-Mitarbeiters oder eines Verkäufers innerhalb einer Strukturvertriebs auftreten.
Die ausgewiesene Provision kann also höchstens ein Indiz dafür sein, welchen Anreiz der Vermittler tatsächlich hat, zumal sich sein Einkommen aus vielen verkauften Verträgen zusammensetzt. Inhärent im Provisionsmodell ist dabei berücksichtigt, dass es für manche Verträge eine durchschnittlich höhere Provision und für andere eine niedrigere Provision gibt, welche darüber hinaus von den angelegten Summen oder Versicherungssummen und damit den Kunden abhängig ist.
Nehmen wir aber nun den Fall, der Kunde interessiert sich für die langfristige Geldanlage und ist bereit gewisse Risiken einzugehen. Der Berater kann ihm nun eine fondsgebundene Versicherung anbieten oder die Direktanlage in Fonds. Die Provision wird in beiden Fällen sehr unterschiedlich aussehen, insbesondere was die Zahlungszeitpunkte betrifft. Andererseits sind jedoch auch die Kostensituationen beider Produkte und deren steuerliche Behandlung unterschiedlich, was ebenfalls berücksichtigt werden muss.
Letztlich muss immer das komplette Produkt verglichen werden
Daher bleibt dem Kunden meiner Ansicht nach nichts anderes übrig, als beide Produkte für ihren prognostizierten Verlauf so zu vergleichen, wie es für ihn am meisten Sinn macht. Dabei sollte die Provision jedoch keine Rolle spielen. Bei Anlageprodukten ist es grundsätzlich die Rendite, der die größte Bedeutung zukommt, bei Risikoversicherung der Schutz im Verhältnis zum Preis. Die meisten Kunden werden bereit sein, eine höhere Provision zu bezahlen, wenn sie dafür ein besseres Produkt erhalten. Dies ist bei Mobiltelefonen beispielsweise gut zu beobachten, bei denen die Verkaufspreise ebenfalls keinen einheitlichen Aufschlag gegenüber den Materialkosten aufweisen.
Zunächst sollte der Kunden daher den Berater auffordern, alle Produkte anzubieten, welche den Anforderungen des Kunden entsprechen und eine Lösung darstellen könnten. Muss der Berater die Auswahl aufgrund der Vielzahl der möglichen Produkte einschränken, so sollte diese Filterung jedoch nach den Rendite- oder Qualitätsansprüchen des Kunden erfolgen, und nicht nach der Provision des Beraters oder anderen Kosten. Genau diese Filterung ist dem Kunden jedoch eventuell nicht transparent, eventuell sogar nicht einmal dem Berater, wenn dies im Hintergrund durch eine Software geschieht.
Die Lösung kann daher nur sein, ähnlich dem effektiven Zins bei Krediten eine effektive Rendite bei Produkten zur Geldanlage einzuführen. Mir ist durchaus bewusst, dass der Effektivzins nicht perfekt ist und es durchaus Umgehungstatbestände gibt, die von Anbietern genutzt werden. Dennoch wäre es ein erster Schritt und deutlich besser, als alle bisher für die Kunden verfügbaren Zahlen, beispielsweise die Überschussbeteiligung oder Renditeentwicklungen vor Kosten.
Bei den Risikoprodukten wäre es jedoch noch schwieriger, weil gerade die Bedingungen den Kern des Versicherungsschutzes ausmachen. Am ehesten entspräche dies vermutlich einem Standardschutz, welchen jedes Unternehmen anbieten müsste, wobei jedoch im Anschluss niemand den Standardschutz versichern würde. Gerade bei gebundenen Vermittlern wäre dies völlig unnötig, weil sie in der Regel nur ein Produkt zur Verfügung haben und die Provision verständlicherweise mit der Versicherungssumme wächst.
Für diejenigen, die dabei gerne argumentieren, dass pauschale Provisionen fairer seien, sei darauf hingewiesen, dass das aktuelle Modell diejenigen bevorzugt, welche kleinere Autos, Wohnungen, Häuser oder Versicherungssummen bei der Unfall oder Rentenversicherung abschließen. Eine Pauschale würde diese Umverteilung beenden und zwangsläufig zu höheren Kosten bei genau dieser Klientel führen. Denn die Vermittler müssen von ihren Provisionen leben können, ansonsten werden sie den Beruf wechseln. Ein knapperes Angebot an Vermittlern führt entweder dazu, dass eben die Preise steigen oder das Angebot für Teile des Marktes einfach nicht mehr verfügbar ist.
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