Die beste Gelegenheit wirklich den Vergleich zwischen Kaufen und Mieten einer Immobilie vorzunehmen ist, eine vermietete Immobilie zu betrachten. Dies soll im Folgenden am Beispiel eines Einfamilienhauses am Rande einer Großstadt versucht werden, welches mir bei der Marktbeobachtung ins Auge gefallen ist. Die Lage ist gut, sowohl was die Verkehrsanbindung als auch den Wohnwert betrifft und es ist ein vernünftige Wertentwicklung für die Zukunft zu erwarten, ohne Überraschungen hinsichtlich neuen Straßen oder Flugrouten.
Der Preis liegt mit 700.000 € für eine Bestandsimmobilie mit 200 qm und 6 Zimmern im Rahmen, zumal der Keller ausgebaut ist und auch als Einliegerwohnung mit separatem Eingang genutzt werden könnte. Das Grundstück ist mit 500 qm nicht sonderlich groß, bei einem Bodenrichtwert von ungefähr 600 € pro qm aber immerhin circa 300.000 € wert. Bleibt für die Immobilie ein Wert von 400.000 €, der abgeschrieben werden müsste. Die Immobilie ist gepflegt und die Instandhaltungsaufwände sollten sich im üblichen Rahmen bewegen.
Aktuell ist die Immobilie für 2.100 € pro Monat kalt vermietet, was jährlichen Einnahmen von 25.200 € entspricht. Die Abschreibung in Höhe von 2% der Kosten reduziert diese jedoch auf 17.200 €, liegen die tatsächlichen Instandhaltungskosten jedoch darunter kann ein zusätzlicher Gewinn realisiert werden. Mit der Annahme, dass dieser realistischer Weise aufgrund des Zustands der Immobilie bei ungefähr 1,2% liegen, beträgt der Mietertrag rund 20.000 € pro Jahr, exakt 19.800 €.
Damit ergibt sich auf den Wert der Immobilie gerechnet ein Ertrag von 2,86%, von dem jedoch noch die Nebenkosten abzurechnen sind. Diese betragen aufgrund des involvierten Maklers und der Grunderwerbssteuersteuer von jeweils ungefähr 6% sowie der Notargebühren insgesamt rund 13,5% oder rund 95.000 €. Die gesamte Investitionssumme würde also 795.000 € betragen und ergäbe einen Ertrag von nur noch 2,52% bei einer langen Laufzeit. In den ersten Jahren aufgrund der Nebenkosten deutlich negativ, aber eben immer weiter ansteigend bis auf diesen Wert.
Die Entscheidung zwischen Kaufen und Mieten kann wirtschaftlich begründet werden
Lohnt sich bei diesen Werten nun eher der Kauf oder die Miete, abgesehen davon, dass es eben im einen Fall Dein Eigentum mit Rechten und Pflichten ist und im anderen Fall nicht? Noch schwieriger wird die Beurteilung, wenn Du selbst einziehst, wodurch die Miete nur noch fiktiv fließt und die Instandhaltungskosten immer gleich zur Steigerung der Lebensqualität führen. Ebenso großen Einfluss hat der Anteil der Finanzierung, weil bei einem Kreditzins von 1% bis 1,5% bei langen Laufzeiten ein guter Hebel der Rendite möglich ist. Steuerliche Effekte erschweren den Vergleich weiter, machen ihn aber nicht unmöglich.
Eines ist zumindest sicher: Für einen Anleger mit einem Aktiendepot im Wert von 800.000 € lassen sich langfristig Renditen von ungefähr 6% pro Jahr erzielen, was durchschnittlich einem Wertzuwachs von 48.000 € entsprechen sollte. Selbst wenn nach Steuern davon nur noch 36.000 € übrig bleiben sollten, so könnte der Anleger die Miete von 25.200 € doch gut bezahlen können. Bleibt der Rest in Aktien investiert so wird sich das Depot sicherlich gut genug entwickeln, um auch Mietsteigerungen sicher abdecken zu können.
Werden aus dem Depot jedoch nur 250.000 € entnommen und der Rest langfristig zu 1,25% finanziert, so entgehen dem Depotinhaber lediglich 15.000 € Wertzuwachs vor Steuern, andererseits sind zusätzlich knapp 7.000 € Zinsen zu bezahlen. Dies führt zu einer Belastung von 22.000 €, zu der jedoch noch die Instandhaltung von 5.400 € hinzukommt. Die sich ergebenden 27.400 € entsprechen fast genau der Kaltmiete von 25.200 €, allerdings wird der Kredit nicht getilgt und muss nach 15 Jahren verlängert werden.
Wird der Kredit getilgt nähern sich die Zahlen natürlich immer weiter denen des Aktiendepots in Höhe von 800.000 € an, bis der Kredit vollständig getilgt ist. Anders ausgedrückt wird die Rendite immer schlechter, je mehr Eigenkapital verwendet wird und jede Kredittilgung erhöht das Eigenkapital. Wobei die Bewertung der Rendite zu gut oder schlechte abhängig vom Anlageverhalten ist. Für Aktienanleger mit hohen Aktienanteilen am liquiden Vermögen ist auf lange Sicht eine solche Rendite ungünstig, für diejenigen mit hohen Anteilen an festverzinslichen Papieren sind gut 2,5% aktuell eine gute Rendite.
Jeder Anleger muss deshalb selbst entscheiden
Ist nun also Kaufen oder Mieten die bessere Entscheidung? Das kommt auf Deine Einstellung zur Geldanlage an. Je höher der Aktienanteil Deines Vermögens oder umso besser Deine Vermögensrendite ist, umso eher ist die Miete einem Kauf vorzuziehen. Solltest Du eine Immobilie in diesen Zeiten eher vermieten oder verkaufen? In diesem Beispiel gibt es 35 Bruttojahresmieten im Voraus ohne Risiko, wenn die Bedingungen für einen steuerfreien Verkauf gegeben sind ist das schon eine Überlegung wert. Aber nur, wenn die Immobilie schuldenfrei ist, denn ansonsten bleibt nach der Tilgung des Kredites eben weniger Liquidität übrig.
Ist die Immobilie dagegen noch mit Krediten belastet, dann kann eine Immobilie bei geringem Einsatz von Eigenkapital eine sinnvolle Diversifikation mit hoher Rendite sein. Wer viele Immobilien mit Kreditbelastung hat kann bei 35 Bruttojahresmieten durchaus eine verkaufen, um die Liquidität zu erhöhen. Wer zusätzlich jedoch ebenfalls große Aktienpositionen hat, sollte sich am besten überhaupt keine Gedanken machen, schon gar nicht ob Kaufen oder Mieten.
Zum Abschluss noch die Information, dass die Immobilie unabhängig von allen obigen Überlegungen in nur einer Woche zur Selbstnutzung verkauft wurde. Es gab zwar keinen Bieterwettstreit, aber ein Interessent hat tatsächlich direkt bei der Besichtigung gekauft. Dies verdeutlicht für mich auf jeden Fall, dass es bei der Immobilie eben doch um mehr als nur eine wirtschaftliche Betrachtung geht. Wenn Menschen etwas wirklich wollen, dann sind sie eben bereit den Preis dafür zu bezahlen, wenn sie ihn sich leisten können, egal ob dieser zu hoch oder angemessen ist.