Das Buch über den Spekulanten Jesse Livermore, der beim Aktiencrash 1929 über 100 Millionen verdiente, aber vorher schon zwei Mal pleite war, verdeutlicht den schmalen Pfad dieser Börsenteilnehmer zwischen reich und bankrott sehr unterhaltsam. Es lohnt sich sehr, diesen zu lesen und es ist darüber hinaus sehr unterhaltsam. Selbst beim Lesen sind die Emotionen von Ignoranz, Gier, Angst und Hoffnung an vielen Stellen zu spüren, ohne dass es um Dein Geld geht.
Das Buch handelt dabei jedoch nicht von Investitionen, sondern ganz klar von Spekulationen, einhergehend mit deutlich anderen Risiken und Chancen. Jeder Spekulant muss sich klar machen, welchen Einsatz er bereit ist zu bringen, um auf diese Art reich zu werden. Genauer gesagt, um die Chance zu haben, reich zu werden und die Wahrscheinlichkeit spricht vermutlich ein noch düsteres Bild, weil nur die Zukunft zu kennen noch nicht ausreichend ist.
An dieser Stelle könnten unzählige Beispiele aufgeführt werden, welche dies verdeutlichen. Einsteigen möchte ich mit einer bekannten Redewendung, dass Aktien ganz sicher langfristig steigen werden, kurzfristig könnten sie aber durchaus auch noch einmal fallen. An der Börse zu Spekulieren bedeutet eine Position einzugehen und zu hoffen, dass diese kurzfristig eintritt. Die Gewinne sind umso größer, je größer der Einsatz ist, allerdings steigen dann eben auch die Verluste, wenn diese nicht eintritt.
Genau darin liegen die beiden wichtigen Knackpunkte, welche das Spekulieren erschweren. Der erste Knackpunkt ist der Termin, zu dem eine Position liquidiert werden muss. Dies ist bei allen Terminkontrakten immanent, außerdem wenn Du auf Kredit handeln möchtest, weil dann Dein Kreditgeber einen Zins von Dir möchte, der Deinen Horizont zeitlich begrenzt. Ersteres ist bei Optionsscheinen oder Futures der Fälligkeitstermin und letzteres beispielsweise bei Mini-Futures mit unendlicher Laufzeit der Fall, bei denen jeden Tag ein kleines bisschen Wert abgezogen wird.
Der zweite Knackpunkt ist eine bestimmte Verlustgrenze, die nicht überschritten werden kann, bis ich dann doch irgendwann mit meiner Position richtig liege. Es wäre leicht, 1 Mio. € darauf zu wetten, dass der DAX irgendwann um 100 Punkte steigt. Wer dies am Tag nach dem Brexit irgendwo zwischen 9.200 und 9.600 Punkten getan hat liegt bei nun gut 10.300 Punkten im Durchschnitt schon 900 Punkte oder 9 Mio. € vorn. Allerdings ging es am nächsten Tag noch tiefer runter und wer am Vormittag bei gut 9.400 Punkten gekauft hat lag im Tief einen Tag später bei gut 9.200 Punkten 2 Mio. € im Minus.
Eine Sicherheit von 100% gibt es daher leider nie, sonst wäre es auch einfach. In dem Buch gibt es viele eindrucksvolle Beispiele für Herdenverhalten sowie die Spekulation mit oder gegen die Mehrheit der Marktteilnehmer. Du kannst unendlich viel über das notwendige Geldmanagement an der Börse lernen und viele Weisheiten des Handels. Eine ist beispielsweise, dass er großes Geld nicht durch Denken verdient hat, sondern durch Warten. Eine andere, dass Du die Positionen mit einem Buchverlust verkaufen solltest, nicht die mit einem Buchgewinn.
(Die Kindle-Ausgabe Reminiscences of a Stock Operator in Englisch gibt es übrigens wesentlich günstiger, billiger geht Weiterbildung nicht.)
Jesse Livermore. Das Spiel der Spiele. Folgen Sie dem ‚König der Spekulation‘
Reminiscences of a Stock Operator (Englisch)