Es kann viele verschiedene Gründe geben, Kapital zu verzehren, schließlich bringt Geld keinen Nutzen, wenn es einfach irgendwo auf einem Konto liegt. Selbst eventuelle Zinsen sind dann uninteressant, weil sie das Geld nur vermehren und damit an der grundsätzlichen Thematik nichts ändern. Aktuell ist dieser Zins zwar ungefähr 0%, aber selbst bei der Investition in Aktien hat zwar die Aktiengesellschaft einen Vorteil, weil sie mit diesem Geld als Eigenkapital arbeiten kann, aber nicht der Besitzer der Aktien.
Jeder Vorsorgesparer kommt letztlich in die Situation, dass er zu einem Zeitpunkt das angesparte Kapital verzehren muss, weil er es schließlich aus diesem Grund angespart hat. Ist der Grund nicht entfallen und der Zeitraum fest, so kann das Kapital einfach gleichmäßig, mit der Inflation steigend oder auf eine beliebige Art verteilt und damit vollständig verzehrt werden. Steht der Zeitraum oder der Zins jedoch nicht von Anfang an fest, beginnen die Schwierigkeiten.
Das Kernproblem ist dabei, wie groß die Abweichung vom erwarteten Zeitraum sein kann oder sein wird und, in gleichem Maße, zu welchem Zeitpunkt dies feststeht. Wer beispielsweise mit 20 Jahren Dauer für etwas rechnet, kann sicherlich mit 21 Jahren noch ebenso gut leben, wenn er es von Anfang an weiß. Wer dies allerdings erst nach 19 Jahren erfährt, hat vermutlich mehr Probleme. Und wer dann erfährt, dass es statt einem noch 6 Jahre dauert, der hat hoffentlich einen finanziellen Puffer.
So schwierig die finanzielle Entscheidung auch sein mag, so positiv ist zumindest die dahintersteckende Ursache eines längeren Lebens. Dies führt jedoch dazu, dass die Lebenserwartung zu jedem Zeitpunkt unbekannt ist und jede Annäherung mit Erfahrungswerten mit einem Risiko behaftet ist. Die einzige Möglichkeit der Lösung dieses Problems wird daher immer die Kalkulation mit Sicherheitszuschlägen sein. Dafür ist es jedoch entscheidend zu verstehen, wovon deren Höhe abhängen sollte und welche Parameter den größten Einfluss haben.
Ohne Zins bleibt selbst von großen Beträgen nur kleine Renten
Ohne Zins lassen sich der Verzehr und die Veränderung leicht bestimmen, weil die Berechnung einfach ist. Stehen 100.000 € zur Verfügung und ist der Zeitraum 20 Jahre, so können 5.000 € pro Jahr oder gut 415 € im Monat verzehrt werden. Kürzer wäre kein Problem, außer das etwas übrig bleibt, aber 5 Jahre länger reduziert den Betrag auf 4.000 € jährlich. Wer statt 20 Jahren jedoch nur 15 Jahre zugrunde legt, erhöht den Betrag von 5.000 € jährlich auf 6.667 €, allerdings auch nur 555 € im Monat. Wer fest 10.000 € pro Jahr benötigt, dem reicht der Betrag aber nur 10 Jahre.
Noch komplizierter wird es jedoch, wenn das Geld Erträge abwirft, was ich für Dich hoffen würde. Es wird weiter ein Vermögen von 100.000 € betrachtet, von welchem 10.000 € pro Jahr entnommen werden müssen. Eine Rendite von 0,5% verlängert den Zeitraum des Verzehrs von 10 Jahre um gerade einmal 3 Monate, eine Rendite von 2,5% wenigstens um 1,5 Jahre. Eine Rendite von 4% sorgt für eine echte Verlängerung gut 3 Jahre und bei einer Rendite von 5,5% sind es sogar fast 5 Jahre.
Die Unterschiede in der Dauer werden deutlich, wenn jeweils das erste und letzte Jahr des Verzehrs betrachtet wird, ungerade Laufzeiten in Jahren können hier vernachlässigt werden. Die Reduktion des Vermögens liegt bei 0,5% im ersten Jahr bei 9.500 € und im letzten Jahr fast 10.000 €. Bei 2,5% beträgt der Wert im ersten Jahr 7.500 €, bei 4% nur 6.000 € und bei 5,5% sogar nur 4.500 €. Es wird deutlich, dass der Verzehr mit steigender Rendite geringer beginnt, aber anschließend immer schneller wird.
Was bei der Rückzahlung eines Kredites also schön ist, führt hier zu einem Problem. Oder anders formuliert zu einem Zustand, der nur schwer gedanklich zu erfassen ist. Während 5 Jahre vor Ende der Laufzeit immer ungefähr die Hälfte vorhanden ist, kommt dieser Zeitpunkt bei den unterschiedlichen Zinssätzen eben nach 5, 6, 7 und 9 Jahren. Der Verbraucht der ersten Hälfte des Vermögens dauert im höchsten betrachteten Zins von 5,5% demnach mit 9 Jahren fast doppelt so lange wie der der zweiten Hälfte.
Bei größeren Vermögen und höherem Entnahmen verschärft sich dieser Konflikt noch weiter, so dass aufgrund der Höhe des restlichen Vermögens durchaus lange der Eindruck entstehen kann, dass es kein Problem gibt. Allerdings kann dieses Problem schnell akut werden, wenn eben dieser Zeitpunkt erreicht ist und beispielsweise bereits die Hälfte des Vermögens verbraucht wurde. Damit wird aber deutlich, dass eine Reduzierung des Verzehrs frühzeitig erfolgen muss, weil sonst eben schon zu viel Vermögen verzehrt wurde, welches keine Rendite mehr abwerfe kann.
Ist bereits die Hälfte des Vermögens verzehrt, so verlängert eine Reduktion des Verzehrs um 20% von 10.000 € auf nur noch 8.000 € den Zeitraum nur um gut 1,5 Jahre. Beim direkten Start mit einem geringeren Verzehr hätten dagegen fast 7 Jahre mehr zur Verfügung gestanden. Der Unterschied resultiert daher aus der ersten Hälfte des Verzehrs, anschließend ist schon deutlich weniger zu heilen, wenn etwas schiefgelaufen ist. Auf eine gute Planung sollte beim Verzehr daher auf keinen Fall verzichtet werden, weil Korrekturen eben kaum möglich sind.
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Die Dauer des Verzehrs hängt vom Zins ab
Kapitalbedarf bei Verzehr in Abhängigkeit der Verzinsung