Ein Unternehmen ist nicht wert, was es in der Vergangenheit verdient hat, sondern was es in der Zukunft verdienen wird. Die beste Indikation dafür ist die Vergangenheit, allerdings nur in Zusammenhang mit Einschätzung des Umfelds in derselben Zeit. Mit beiden Informationen ist eine Meinungsbildung zur Zukunft des Unternehmens im erwarteten Umfeld möglich. Allerdings von vielen Annahmen abhängig und somit ungewiss. Wenn nun der Wert des Unternehmens über dem an der Börse ausgezeichneten Preis liegt, macht kann eine Investition Sinn machen.
Den Zeitpunkt jedoch zu erahnen, an dem der Börsenkurs den Wert vollständig wiederspiegelt, ist ebenfalls schwer, zumal sich viele mit diesem Unternehmen beschäftigen und gegebenenfalls früher oder später zu gleichen oder anderen Ergebnissen gelangen. Der eine Investor schaut ein halbes Jahr in die Zukunft und investiert so, dass er von der Veränderung profitieren wird. Ein anderer hat einen längeren Zeithorizont und denkt in Jahrzehnten, wenn er sein Portfolio aufstellt. Wie dem auch sei, alle diese Erwartungen durch Käufe und Verkäufe sind bereits in den Kurs eines Unternehmens eingeflossen, der gerade am Markt angewiesen wird.
Nicht zuletzt ist sogar die Stimmung am Markt entscheidend, wie es gerade insgesamt um die Wirtschaft oder ähnliche Unternehmen in gleichen Märkten steht. Außerdem bedeutet es nicht, dass jeder Investor die gleichen Informationen hat und schon gar nicht, dass alle Informationen vollständig im Kurs enthalten sind. Mal mehr, mal weniger, aber vermutlich sind wirklich fast alle Informationen zumindest verfügbar, selbst wenn es nicht möglich ist, alle aufzunehmen oder überhaupt zu finden. Aber etwas zu finden, was alle anderen übersehen haben, ist trotzdem schwer.
Was für Unternehmen gilt, gilt noch viel mehr für Branchen oder für Indizes, welche nichts anderes als Gruppen von Unternehmen sind, die nach bestimmten Kriterien zusammengestellt wurden. Wechselkurse, die aufgrund des riesigen Marktes ebenfalls nicht zu prognostizieren sind, beeinflussen ebenfalls die Ergebnisse aller großen Unternehmen, zumal diese fast alle Weltweit tätig sind. Diese Fakten alleine stimmen mich skeptisch, dass es überhaupt möglich ist, eine Strategie zu finden, die auf bestimmten Zeitpunkten aufsetzt, unabhängig davon, ob diese im Bereich von Millisekunden oder Tagen umgesetzt wird.
Bei krassen Überbewertung kann der Verkauf lohnen, wenn die Korrektur schnell erfolgt
Kommst Du zu der Einschätzung, dass der Aktienmarkt generell zu niedrig bewertet ist, kannst Du bedenkenlos kaufen. Die generelle Tendenz steigender Kurse wird irgendwann sicher zu einem Gewinn für Dich führen. Schwieriger ist es bei einer Überbewertung. Dann kann es entweder einen steilen Kursrückgang geben oder eine längere Phase der Stagnation. Im letzterem Fall ist nicht viel zu gewinnen, beim ersteren musst Du jedoch zeitlich richtig liegen. Ansonsten werden die Kosten zu hoch sein, um vernünftig davon zu profitieren. Nichtsdestotrotz sollte für diesen Fall eine Strategie mit wachsenden Einsätzen bei fallenden Kursen vorhanden sein.
Generell bin ich nicht der Freund der Auswahl von Einzelaktien, weil ich mir nicht vorstellen kann, damit besser zu liegen als all die anderen Marktteilnehmer, welche das Unternehmen besser kennen als ich. Insofern ziehe ich kostengünstige Indexfonds vor, wenn es um die Investition am Aktienmarkt geht. Außerdem hat der Indexfonds noch den weiteren Vorteil, dass er im Gegensatz zu einem Unternehmen nicht bankrott gehen kann. Für einzelne Unternehmen aus dem Index gilt dies zwar nicht, aber dann werden sie weit vorher durch andere Unternehmen ersetzt.
Die ist zwar durchaus mit einem Kursrückgang des Index verbunden, aber deutlich gebremst mit dem Gewicht des Unternehmens im Index. Als Indikation für einen möglichen Kauf- oder Verkaufszeitpunkt folgen daraus jedoch die Termine, an denen der Index in seiner Zusammenstellung überprüft wird, weil dessen Veränderung durchaus zu einer neuen Einschätzung führen kann. Sowohl für den Index an sich als auch für die betroffenen Unternehmen, die in den Index hinein- oder heraus wechseln.
Aber auch hierbei käme es wieder auf Annahmen und Erwartungen an, bei der es schwer ist, der erste und beste zu sein. Für mich gibt es hinsichtlich des Timings daher nur eine Regel. Wenn es einen Kurssturz gibt und ich aus welchen Gründen auch immer noch freie Mittel habe, dann werden die ganz oder teilweise investiert, eben nur in Abhängigkeit davon, wie steil und tief der Kurssturz oder Kursrückgang war. Wenn also irgendwo ein Terroranschlag war oder die Briten für den Brexit votieren, irgendwann am Tag danach kaufe ich, wen es sich noch lohnt.
Ich brauche nicht das absolute Tief und ein Rückgang von 3% ist für mich nicht relevant, wenn auch bedauerlich, weil ich grundsätzlich am Aktienmarkt investiert bin. Aber mit dem Zeitraum von deutlich mehr als 10 Jahren vor meinem 60- Geburtstag ist der Zeithorizont für eine Aktienanlage auf jeden Fall gegeben. Dass es wieder aufwärts geht ist auf jeden Fall klarer als ein Abwärtstrend, denn wie sagt man so schön: Langfristig steigen die Kurse immer, aber kurzfristig können sie auch noch einmal fallen.
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