Ein wichtiger Schritt bei der Bestimmung des Versorgungsbedarfs im Alter ist die Ermittlung der Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dabei ist die jährlich versandte Standmitteilung der gesetzlichen Rentenversicherung eine große Hilfe. Dennoch ist es unbedingt notwendig verstanden zu haben, wie das System funktioniert, um wirklich die richtigen Schlüsse zu ziehen. Im Folgenden wird daher zunächst das Verfahren erklärt, bevor über die Ermittlung des aktuellen Rentenstandes und des weiteren Verlaufes die Auswirkungen eines eventuell früheren Renteneintritts erläutert werden.
Verständnis für das Punkteverfahren
Die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland ist eine Pflichtversicherung, in die sozialversicherungspflichtige Angestellte einzahlen müssen. Aus diesen Beiträgen werden bestimmte Leistungen finanziert, neben der Altersrente unter anderem die Erwerbsminderungsrente oder Hinterbliebenenrente.
Die Höhe der Rente hängt von den geleisteten Einzahlungen ab. Für jedes Jahr wird von der Rentenversicherung das durchschnittliche Gehalt bestimmt, welches von den Angestellten in die Rentenversicherung einzahlen erzielt wurde. Jeder Arbeitnehmer, der mit exakt diesem Gehalt ein Jahr in die Rentenversicherung eingezahlt hat, erhält dafür einen Rentenpunkt gutgeschrieben. Ein Angestellter, der nur die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens verdient hat, erhält auch nur 0,5 Punkte. Für Einzahlungen über dem Durchschnitt bis zur Beitragsbemessungsgrenze werden entsprechend mehr Punkte gutgeschrieben. Zusätzlich gibt es noch Punkte für Erziehungs- oder Pflegezeiten.
Ist man durch Erreichen des 67. Lebensjahres berechtigt, oder bei entsprechenden Geburtsjahrgängen früher, die Altersrente zu beziehen, erhält man für jeden Punkt monatlich einen festgesetzten Betrag aus der Rentenkasse. Der Wert eines Rentenpunktes liegt zurzeit bei gut 29 € in westlichen oder 27 € in östlichen Bundesländern und wird jährlich in Anlehnung an die Lohnentwicklung angepasst.
Der Eckrentner ist ein Arbeitnehmer, der 45 Jahre lang durchschnittlich verdient und eingezahlt hat. Er verfügt damit über ein Guthaben von 45 Punkten und erhält damit aktuell eine monatliche Rente von etwa 1.310 € im Westen. Wird der Wert eines Rentenpunktes erhöht, erhöht sich auch die Rente für alle Rentenbezieher. Wurden länger oder kürzer eingezahlt oder war das Gehalt höher oder niedriger verändert sich die Anzahl der Punkte und damit die Höhe der Rente. Für alle Angestellten, deren Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, gibt es für diese Gehaltsbestandteile keine Rente, weshalb sich für diesen Teil ein zusätzlicher Vorsorgebedarf ergibt.
Allerdings ist bekannt, dass sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern seit Jahren immer weiter verschlechtert und die Rentenkasse ebenfalls seit Jahren nur mit Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt die Renten auszahlen kann. Aus diesem Grund wurde ein demographischer Faktor in die Berechnung des Wertes eines Rentenpunktes eingeführt, der den Rentenanstieg bremsen und entsprechend der Bevölkerungsentwicklung begrenzen soll. Es kann natürlich auch sein, dass der Beitragssatz immer weiter erhöht wird, um dies auszugleichen, ich würde mich jedoch nicht darauf verlassen.
Die Rente ist daher prinzipiell sicher, nicht jedoch, wie hoch sie am Ende wirklich sein wird. Vielmehr verdeutlicht dies zusätzlich die Notwendigkeit der privaten (und oder betrieblichen) Altersvorsorge, ebenso wie die Tatsache, dass die Rente von einer 45-jährigen Arbeitstätigkeit ausgeht. Besonders die gut verdienenden Akademiker dürften diese Zahl an Berufsjahren nur schwer erreichen, zumal das Eintrittsalter ins Berufsleben nach einem Diplom oder Master meistens über 22 Jahren liegt.
Ermittlung des aktuellen Rentenstandes
Um die eigene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung schätzen zu können, ist als erstes der aktuelle Punktestand zu ermitteln. Dazu musst Du Deinen Verdienst ins Verhältnis mit dem durchschnittlichen Verdienst jeden Jahres setzen und die ermittelten Punkte addieren. Zu beachten sind gegebenenfalls Erziehungs- oder Pflegezeiten, die gesondert berechnet werden. Dieses mühselige Verfahren kann jedoch entfallen, weil die Rentenversicherung eine jährliche Standmitteilung des aktuellen Punktestandes verschickt.
Hier sollte jedoch unbedingt eine genaue Prüfung erfolgen, ob alle Zeiten korrekt erfasst sind. Dies gilt nicht nur für Erziehungs- oder Pflegezeiten, für die nach gewissen Regeln Punkte angerechnet werden, sondern auch für alle rentenversicherungspflichtigen Tätigkeiten, denn eine fehlende Meldung führt direkt zu einer niedrigeren Rente. Je früher Du die Einträge kontrollierst, umso besser kannst Du Dich noch erinnern und umso leichter wird es Dir fallen, eventuell notwendige Nachweise zu beschaffen.
Schätzung des weiteren Verlaufes
Nachdem der aktuelle Rentenstand berechnet wurde, ist nun der weitere Verlauf bis zum Ruhestand zu schätzen. Dafür ist zunächst das Gehalt ins Verhältnis mit dem aktuellen Durchschnittsgehalt zu bringen, um die eingezahlten Punkte pro Jahr zu ermitteln. Eine gute Indikation sind jedoch auch die Punkte der vergangenen Jahre, bei denen es allerdings gilt, vergangene oder zukünftige Veränderungen des Gehaltes zu berücksichtigen. Zusammen mit der Annahme, dass das eigene Gehalt bis zum Altersruhestand ähnlich dem Durchschnittsgehalt steigt, sind die eingezahlten Punkte pro Jahr mit der Anzahl Jahre bis zum Altersruhestand zu multiplizieren.
Die schon erreichten und die noch zu erreichenden Punkte sind zu addieren und schon steht mit dem Wert eines Rentenpunktes die monatliche Rente fest, sofern diese regulär zum dann gültigen Renteneintrittsalter beantragt wird. Diese Zahl prognostiziert die Standmitteilung ebenfalls und setzt dafür den Schnitt der letzten 5 Jahre an. Diese Prognose ist umso besser, je weniger gravierende Veränderungen des Gehaltes in dieser Zeit vorkamen.
Auswirkung eines früheren Renteneintritts
Ein früherer Renteneintritt führt jedoch zu Abschlägen, die die Rente schmälern, während ein späterer Renteneintritt Aufschläge zur Folge hat. Solange dies noch möglich ist, führt jeder Monat vor Abschluss des 67. Lebensjahres zu einem Rentenabschlag in Höhe von 0,3%. Für einen Arbeitnehmer, der mit Ende des 63. Lebensjahres in Ruhestand geht wird die monatliche Rente folglich um 14,4% gekürzt, hier sei die besondere Regelung zur Rente mit 63 einmal außen vor gelassen. Jeder Monat nach dem 67. Lebensjahr führt hingegen zu einer Erhöhung der Rente um 0,5%. Ein Arbeitnehmer, der ein Jahr länger arbeitet als notwendig erhält daher 6% mehr Rente im Monat.
Jedoch gibt es neben diesen Zu- bzw. Abschläge eine zusätzliche Veränderung der Rentenhöhe durch die veränderte Rentenpunktzahl, die bis zum Eintritt in den Altersruhestand erreicht wird. Für den Eckrentner bedeutet ein um 2 Jahre vorgezogener Ruhestand, dass für die letzten beiden Jahre keine Rentenpunkte gesammelt werden. Er verfügt demnach nur über 43 anstatt 45 Rentenpunkte, so dass zusätzlich zum Abschlag von 7,2% die Rente um 4,4% niedriger ausfällt. Insgesamt verfügt dieser Beispielrentner über 11,3% weniger Rente als ein vergleichbarer Arbeitnehmer, der bis zum Ende des 65. Lebensjahrs gearbeitet hat. Bei einem Wert von gut 29 € pro Rentenpunkt entspricht dies einer Rentenminderung um etwa 150 €.
Anders sieht die Rechnung bei einem Akademiker aus, der erst mit 26 Jahren ins Berufsleben eingetreten ist, dafür jedoch immer 50% über dem Durchschnittseinkommen verdient hat. Dieser geht zum Ende des 67. Lebensjahres nach 41 Jahren in Ruhestand. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er 61,5 Rentenpunkte gesammelt, die seiner monatlichen Rente zugrunde liegen. Ein zwei Jahre vorgezogener Ruhestand führt hier zu einer Verringerung um 3 Rentenpunkte, so dass die Rente um insgesamt 11,7% oder etwa 210 € gemindert wird.
Endet der Arbeitsvertrag nicht mit dem 67. Lebensjahr und der Eckrentner bleibt ein Jahr länger im Berufsleben, so führt dies neben dem Aufschlag zu einem zusätzlich eingezahlten Rentenpunkt, so dass die Rente insgesamt um 8,3% oder 110 € steigt. Ähnliche Bedingungen gelten bei den meisten Betriebsrenten, wobei hier die Altersgrenze und die Ab- beziehungsweise Zuschläge durchaus abweichen können. Für alle, die den Ruhestand eher früher als später eingeplant haben, empfiehlt sich eine genaue Kalkulation, um keine bösen Überraschungen zu erleben.