Im allgemeinen Sprachgebrauch gibt es keine Unterscheidung zwischen Risiko und Ungewissheit, für den Fall, dass die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses nicht klar bestimmt ist. Dabei ist die Frage jedoch genau der springende Punkt, denn es ist zu klären, ob diese Wahrscheinlichkeit überhaupt bestimmt werden kann, oder nicht. Denn das Risiko ist kalkulierbar und die Ungewissheit nicht.
Das Risiko generell bezeichnet das Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenausmaß und ist damit berechenbar, wenn auch mit Einschränkungen. Unabhängig davon, wie komplex oder kompliziert die Berechnungen sind, sie können durchgeführt oder wenigstens geschätzt werden. Bei der Ungewissheit dagegen ist höchstens das Schadenausmaß bekannt, allerdings kann die Eintrittswahrscheinlichkeit überhaupt nicht quantifiziert werden.
Dies kann mit einer Münze verdeutlicht werden, die bei einem Wurf entweder Kopf oder Zahl zeigt. Sollte sie auf der Kante landen, muss erneut geworfen werden. Die Wahrscheinlichkeit für jede Seite beträgt 1/2, oder 50%. Die Wahrscheinlichkeit, dass beispielsweise Kopf 3-mal hintereinander geworfen wird, beträgt damit 1/8, oder 12,5%. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies sogar 10-mal hintereinander geschieht, beträgt nur noch rund 0,1%.
Egal welche Kombination von Ergebnissen beim Münzwurf betrachtet werden soll, die Wahrscheinlichkeit dafür ist berechenbar. Die Münzwürfe sind außerdem voneinander unabhängig, was bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für Kopf immer 50% ist, ob vorher 1-mal, 3-mal oder 10-mal Zahl gefallen ist oder was auch immer. Gleiches gilt für Roulette und selbst beim Pokern oder 17+4 kann die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten nächsten Karte bestimmt werden.
An der Börse wird dies nun fälschlicherweise ebenfalls angenommen, ist aber nicht der Fall. Die notwendige Bedingung dafür wäre, dass die Kurse einer bestimmten Verteilung gehorchen, was in der Wirklichkeit jedoch nicht der Fall ist. Es wird zwar zur Berechnung von Optionen unterstellt, dass die Bewegungen normal-verteilt sind. Allerdings ist die Eintrittswahrscheinlichkeit von extremen Ereignissen in der Vergangenheit viel zu groß gewesen, als es statistisch zu erwarten gewesen wäre.
Dies ist der Grund, dass die Zukunft der Börse schlicht ungewiss ist. Niemand kann sie vorhersagen und jede aus der Vergangenheit abgeleitete Aussage entbehrt der Grundlage. Nur weil etwas noch nie vorkam, kann daraus nicht geschlossen werden, dass es nie vorkommen wird und selbst die Entwicklung der Vergangenheit muss keinen Zusammenhang mit der Entwicklung der Zukunft haben. Die Erträge und Bewertungen von an der Börse gehandelten Unternehmen können sich ebenso verhalten, wie die letzten 50 oder 100 Jahre, aber es gibt keine Garantie oder berechenbare Wahrscheinlichkeit, dass dies so sein muss.
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