In den Medien erhalten die Veränderungen der Beitragssätze der Sozialversicherungen eine große Aufmerksamkeit und führen in der Folge zu Diskussionen, ob diese gut oder schlecht sind und vor allem, für wen. Doch wem nutzen diese aggregierten Daten überhaupt etwas, zumal sie zwar die Gesamtheit abbilden, dabei aber eben verschiedene Daten vermischen. Abseits aller Statistiken und allgemeinen Aussagen geht es jedoch letztlich um einzelne Personen und deren individuelle Situation, welche entscheidend ist, um die Frage des Sinns der Altersvorsorge zu beantworten.
Als ein möglicher Ansatz kann die Frage darauf reduziert werden, ob es bessere oder schlechtere Zeitpunkte gibt, Geld auszugeben. Einerseits ist früher besser, weil dann der Gegenwert früher zur Verfügung steht und länger genossen werden kann. Es ist beispielsweise wenig ratsam, asketisch zu leben und dann reich zu sterben. Andererseits sollten die Unterschiede zwischen früher und später nicht so groß sein, weil eine Reduzierung des Budgets immer mit Einschränkungen und geringerer Lebensqualität verbunden ist. Also jetzt einen Kredit aufzunehmen, diesen komplett auszugeben und bis an das Lebensende zu tilgen ist ebenfalls nicht ratsam.
Außerdem lässt sich der Gegenwert bei vielen Dingen nicht so genau beziffern und damit ist es umso schwieriger, den Gegenwert oder Nutzen weit in der Zukunft zu bewerten. Eine gute Möglichkeit ist daher ein anderer Ansatz, der in der Praxis am häufigsten angewendet wird. Dabei wird versucht, das Budget über das komplette Leben möglichst konstant zu lassen und damit für eine gleichbleibende Lebensqualität zu sorgen.
Um dies jedoch zu gewährleisten müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Als wichtigste ist das aktuelle Budget zu nennen, welches bekannt sein muss. Je höher die Qualität ist, desto besser sind die darauf aufbauenden Ergebnisse. Diese Voraussetzung herzustellen ist ein wenig Arbeit, aber dennoch noch reicht einfach zu erfüllen. Eine hohe Qualität ist jedoch nur mit einsprechender Mühe zu erzielen, weil besonders notwendige Ersatzanschaffungen für Konsumgüter oft vergessen werden.
Weitere Voraussetzung ist eine vollständige Planung des weiteren Lebens, also mindestens eine Festlegung des Zeitpunktes des Renteneintritts und der Rentendauer. Während sich ersterer zumindest noch nach den eigenen Wünschen festlegen lässt, sieht es bei der Dauer schon eher nach einer reinen statistischen Schätzung aus. Gehaltserhöhungen oder Arbeitslosigkeit bei Angestellten und dem Einkommen von Selbstständigen sind schon wesentlich schwieriger zu planen oder nur vorherzusehen.
Infaltion und Lebenserwartung sind große Unbekannte
Die Inflation stellt außerdem eine besonders schwierige Hürde bei der Planung dar, weil sie gravierende Auswirkungen hat. Hier hilft die Erstellung einer Bilanz des Vermögens, weil dadurch die zukünftigen Konsumausgaben erfasst werden. Eine Person, die nichts spart, macht es sich in gewissem Maße leicht, weil die Einkommen in der Regel ungefähr mit der Inflation steigen und damit die erhöhten Kosten der Lebenshaltung gedeckt sind. Selbst wenn die Kosten einer Kategorie einmal stärker steigen, so wird dies durch andere Kosten kompensiert, die geringer steigen, beispielsweise Miete.
Das Problem entsteht jedoch dann, wenn Geld für die Zukunft angespart werden soll, welches sich nicht mit der Inflation vermehrt. Dann steht nämlich irgendwann weniger zur Verfügung und damit entsteht ein Bedarf, der zusätzlich gedeckt werden muss. Ein ähnliches Problem entsteht auch, wenn die Lebenserwartung steigt oder einfach nur zu gering geschätzt wurde. Dabei entsteht ebenfalls ein zusätzlicher Bedarf, den es zu decken gilt.
Durch die aktuellen Versorgungssysteme ergibt sich darüber hinaus die Situation, dass die Leistungen daraus in der Regel deutlich unter dem letzten Einkommen liegen. Die Gesetzliche Rentenversicherung erreicht für Angestellte beispielsweise nur noch ungefähr 40%, so dass alleine dadurch ein großer Bedarf entsteht. Für Beamte sieht die Situation bei den Pensionen (noch) etwas besser aus, bei Selbstständigen hingegen ergeben sich aufgrund der in den meisten Fällen geringeren privaten Sparleistung noch höhere Bedarfe.
Diese können nur durch eine Reduzierung des Budgets kompensiert werden, welche sehr schmerzlich ist, oder durch den Verzehr von Vermögen, sofern dieses vorhanden ist. Um Vermögen zu bilden und damit eine Altersvorsorge zu schaffen, muss jedoch gespart und damit zu irgendeinem Zeitpunkt auf Konsum verzichtet werden. Erbschaften oder Schenkungen sollen an dieser Stelle nicht betrachtet werden.
Essentiell für die Bildung von Kapital ist jedoch der frühzeitige Konsumverzicht
Der Sparvorgang hat damit nicht nur den Effekt, dass sich der Bedarf bei Renteneintritt durch das angesparte Vermögen reduziert, sondern der Bedarf reduziert sich zusätzlich aufgrund der Reduzierung des Budgets durch den Sparvorgang. Steht zum Beispiel ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 € zur Verfügung und die Rente beträgt lediglich 800 €, so besteht ein Bedarf von 1.200 €. Werden nun 10% des Einkommens entsprechend 200 € gespart, stehen nicht mehr 2.000 € sondern nur noch 1.800 € monatlich zur Verfügung. Alleine dadurch sinkt der Bedarf also auf 1.000 €. Können nun aus dieser Altersvorsorge monatlich 600 € während der Rentenphase entnommen werden, so sinkt der Bedarf weiter auf nur noch 400 € pro Monat.
Natürlich sind fehlende 400 € monatlich immer noch ein Problem, aber im Gegensatz zu den 1.200 € hat sich der Betrag immerhin schon gedrittelt. Und aus Sicht des zur Verfügung stehenden Betrages ergibt sich aus einem Verzicht auf 10% eine Erhöhung in der Rentenphase um 75%. Aus eingesetzten 200 € im Monat werden 600 € während in der Rente. Ergeben sich darüber hinaus noch Vorteile durch den Wegfall des Arbeitsweges oder weniger Kosten für Dienstkleidung reduziert sich der Bedarf noch weiter und eine Erhöhung der Sparleistung um wenige € könnte den Bedarf komplett decken.
Aus den geschilderten Überlegungen folgt zwingend, dass eine Altersvorsorge immer dann ratsam ist, wenn der zu erwartender Bedarf eine Größenordnung annimmt, welche den Lebensstandard zu deutlich senken würde. Dabei entscheidest Du selbst, was akzeptabel ist und wie weit die Prioritäten zwischen den Lebensphasen verschoben werden sollen. Weiterhin folgt unmittelbar, dass in diesem Fall eine Angleichung in der Rentenphase umso besser gelingen kann, je mehr Kapital dafür zur Verfügung steht und damit je früher mit dem Sparen begonnen wird.
Ein Konsumverzicht während der Arbeitsphase führt damit zu umso geringeren Einbußen in der Rentenphase, je besser sich das gesparte Kapital während der Sparphase vermehrt hat. Der Verzicht lohnt sich aus diesem Grund genau in dem Fall, dass sich das Kapital stärker vermehrt hat als es die Inflation entwertet hat. Dieser Überertrag ist damit der Bonus, den der Altersvorsorger gegenüber dem Konsumenten zusätzlich zu der besseren Verteilung des Einkommens über die gesamte Lebenszeit erhält.
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